Die Verwaltung. 979
$ 205.
II. Geschichtliche Entwicklung des deutschen Finanzrechtes!.
Im ständischen Territorialstaate hatte der Landesherr nicht
bloss alle Kosten seiner Hofhaltung, sondern auch die der Landes-
verwaltung aus seinen eigenen Einkünften zu decken. Als
solche galten die Einnahmen aus den sogenannten Kammer-
gütern (S. 199), den Grundzinsen der landesherrlichen Hinter-
sassen und den nutzbaren Regalien. Die Steuern der Unter-
thanen erschienen, soweit sie nicht herkömmlich für gewisse
Fälle feststanden, als freiwillige Beiträge derselben, zu
deren Leistung sie nur m Folge der Bewilligung der Land-
stände verbunden waren (Beden). In allen deutschen Territorien
bestanden zwei getrennte Vermögensmassen: das Kammergut,
als dessen Eigenthümer die landesherrliche Familie erschien, und
das Landesvermögen, d.h. die landschaftliche Steuerkasse und
die aus ihren Mitteln erworbenen Güter, welche der Landschaft,
d. h. der Korporation der Landstände, gehörten. Da jedoch dies
Kammergut nach wie vor die Grundlage der territorialen Finanz-
wirthschaft bildete, so war die Veräusserung von Kammervermögen
und die Aufnahme von Kammerschulden überall an die Zustim-
mung der Landstände gebunden. Das Kammergut war nach der
allgemein geltenden Rechtsauffassung Stammgut der landes-
herrlichen Familie, welches die spätere Doktrin in das Gewand
des Familienfideikommisses kleidete. Nie aber war das Kam-
mergut Privateigenthum derselben oder des Landesherm,
sondern ein ın erster Linie zu Öffentlichen Zwecken
bestimmtes Vermögen, an welchem das ganze Land eın Inter-
ı K.D. Hüllmann, Deutsche Finanzgeschichte des Mittelalters. Berlin
1805. K.H. Lang, Historische Entwicklung der deutschen Steuerverfassung
seit den Karolingern bis auf unsere Zeiten. Berlin 1793. K.W.v. Ulmenstein,
Versuch einer kurzen system. und histor. Einleitung in die Lehre des deutschen
Staatsrechtes von Steuern und Abgaben reichsständischer Unterthanen und dem
Steuerrechte der Reichsstände. Erlangen 1794. Für das Finanzrecht der
deutschen Territorien wichtig sind die Schriften von Kaspar Klock, de
aerario (Nürnberg 1651) und de contributionibus (Frankfurt 1655). G.D. Strube,
de collectarum et aerariorum provincialium origine in seinen observ. jur. et hist.
serm. Nr.3. p. 89—164 (1740) 4. Desselben Abhandlung IX., von dem Steuer-
wesen und des Adels Steuerfreiheit in den mittleren Zeiten, in seinen Neben-
stunden Th. II. S. 278—351. J.J. Moser, Landeshoheit in Steuersachen, 1773.
Seckendorff’s deutscher Fürstenstaat.
H. Schulze, Deutsches Staatsrecht. 38