Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Verwaltung. 619 
der Staatsthätigkeit zu gelangen. Noch R. v. Mohl weist alle 
Staatsthätigkeit für die Förderung des Gemeinwohles der Polizei zu, 
sodass ihm in der Handhabung von Justiz und Polizei die ganze 
innere Staatsthätigkeit aufgeht, abgesehen von der Finanz- und 
Militärverwaltung, welche ihm nur mittelbar dienende Anstalten 
sind. BeiMohlfälltdaher die Polizeiwissenschaft mit 
derinneren Verwaltungslehre vollständigzusammen. 
Unter seinem beherrschenden Einflusse fassen auch die Staats- 
rechtslehrer Stahl, Zöpfl und H. A. Zacharıä die Polizei in 
diesem umfassenden Sinne auf. 
Im Gegensatze zu dieser Begriffsweite der Theorie hatte sich 
im Leben, wie in der Gesetzgebung, eine andere, schärfer begrenzte 
Vorstellung von der Polizei ausgebildet. Aus dem ganzen Umfange 
der Verwaltungsthätigkeit sah man nur das als Polizei an, wo die 
gebietende und zwingende Gewalt des Staats hervortritt. 
Die Polizei kann nicht ohne Anwendung von staat- 
licher Zwangsgewalt gedacht werden. Eine solche wird 
aber nicht bloss nothwendig, wo es darauf ankommt, die öffentliche 
und private Sicherheit zu vertheidigen (Sicherheitspolizei), 
sondern auch die Sorge für Volksbildung und Volkswohlstand kann 
ihre Aufgaben nicht erreichen, wenn ihr nicht in gewissen Fällen 
eine zwingende Gewalt zur Seite steht. Somit muss die Polizei die 
ganze Verwaltung durchdringen, aber sie ist keineswegs die ganze 
Verwaltung selbst. Die Polizei kann also nicht nach den Objekten 
der Verwaltungsthätigkeit begrenzt werden, sondern es kommt auf 
die Mittel an, welche die Staatsgewalt anwendet, um ıhren Zweck 
zu erreichen. Die Polizei umfasst danach allerdings das gesammte 
Gebiet der Sorge für das Gemeinwohl, aber in diesem weiten Ge- 
biete spricht man nur da von Polizei, wo die Staatsgewalt mit Macht- 
gebot und Zwang auftritt. \Vo dieselbe nur anregend, fördernd, 
unterstützend wirkt, wo sie dem Bürger heilsame Anstalten zur 
Benutzung anbietet, erscheint sie nicht als Polizei, sondern als 
öffentliche Pflege, sodass die ganze Thätigkeit der inneren 
Verwaltung aus einer pflegenden und einer polizeilichen 
zusammengesetzt ist. Diese zuerst von Bluntschli durchgeführte 
Unterscheidung und die darauf gegründete Begriffsbestimmung der 
Polizei hat ıhren Abschluss in Stein’s Verwaltungslehre gefunden. 
Danach ist die Polizei keineswegs mehr die ganze 
Verwaltung, wohl aber ein der ganzen Verwaltung 
immanentes Princip.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.