Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

622 Il. Von den Funktionen des Staatsorganismus. 
keit, welche sich auf ein bereits geschehenes Verbrechen, 
seine Entdeckung und Verfolgung bezieht, als gerichtliche 
Polizei. Da auch die Strafgerichte die Aufgabe haben, nicht 
bloss den Beweis für ein begangenes Verbrechen festzustellen und 
es zu bestrafen, sondern auch das geschehene Verbrechen zu ent- 
decken, so begegnet sich hier die Thätigkeit der Gerichte und der 
Polizeibehörden auf demselben Gebiete. Feststellung der 
Rechtsfolgen eines Verbrechens durch Bestrafung ist 
lediglich Sache der Gerichte. Dieser Aufgabe arbeitet aber 
die gerichtliche Polizei nur in die Hände, sie erscheint lediglich nur 
als ein vorbereitendes Verfahren »instruction pr&eparatoire« für 
die möglichst bald eintretende definitive Thätigkeit der Gerichte. 
Die Polizei ist verpflichtet, in Beziehung auf begangene Ver- 
brechen die Wirksamkeit der Kriminaljustiz zu unterstützen. Die 
französische Gesetzgebung des code d’instruction criminelle hat die 
gerichtliche Polizei als eigenes Institut ausgebildet und den Ge- 
richtshöfen untergeordnet!. Aber auch in denjenigen Gesetz- 
gebungen, in welchen die gerichtliche Polizei nicht zu einer eigenen 
Institution ausgebildet ist, sind die polizeilichen Beamten bei der 
Verfolgung von begangenen Verbrechen verpflichtet, den An- 
weisungen der Staatsanwaltschaft und der Gerichte Folge zu leisten; 
so auch nach den deutschen Reichsjustizgesetzen. (Reichsgerichts- 
verfassungsgesetz 9153. Reichsstrafprocessordnung $$ 159. 161. 187.) 
3) Hohe und niedere Polizei. 
Unter »hoher Polizei« versteht man die der obersten Central- 
gewalt jedes Staates allein zustehenden Befugnisse der Polizei- 
gewalt, denen jede andere Ausübung der Polizei als vniedere« 
untergeordnet ist. Dahin gehört vor allem der Erlass von Polizei- 
gesetzen, wobei selbstverständlich die Volksvertretung eine ent- 
scheidende Stimme hat, und die Oberaufsicht über alle übrigen 
Polizeibehörden des Landes. In diesem Sinne erklärt die Rhein- 
bundsakte Art. 26 »la haute police« als ein der Staatsgewalt noth- 
wendig zugehöriges Recht. Bisweilen hat man damit auch die ge- 
hässige Bedeutung einer von einer obersten Centralstelle geleiteten 
1 Art. 8. »La police judiciaire recherche les crimes, les delits et les contra- 
ventions, en rassemble les preuves et en livre les auteurs aux tribunaux charges 
de les punir«, Art. 9. »La police judiciaire sera exercee sous l'autorite des 
cours imperiales.«
	        
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