652 II. Von den Funktionen des Staatsorganismus.
Verwaltungsgerichte wurde auf dieselben nicht ausgedehnt, dagegen
wird in einzelnen Fällen der Rechtsweg von den ordentlichen Ge-
richten zugelassen, z. B. wenn jemand aus besonderen Gründen die
Befreiung von einer solchen Abgabe oder eine ungebührliche Be-
lastung in der Bestimmung seines Antheils, d. h. eine Prägravation
bei der Vertheilung einer auf eine Mehrheit von Personen, einen
Steuerverband, in einer Hauptsumme umgelegten Steuer behauptet
und letzten Falls der Streit zwischen den Kontribuenten auszutragen
ist. (A. L.R. 11.8 79. Gesetz vom 24. Mai 1861 $$ 9—11.) Als
folgerichtig können weder das Princip noch die Ausnahmen betrachtet
werden.
Ueberhaupt kann als leitendes Princip für die Bestimmung der
Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte angesehen werden, dass sie
richterlichen Schutz bei allen Streitigkeiten über öffentliche Rechte
und Pflichten gewähren sollen, welche durch bestehende Rechts-
normen dem freien Belieben der Verwaltungsbehörden entrückt
sind. Aber nur Öffentliche Rechte und Pflichten kommen in Be-
tracht, da alle privatrechtlichen Verhältnisse dem Schutze der
ordentlichen Gerichte anvertraut sind, deren Zuständigkeit durch
diese neue Gesetzgebung unberührt bleibt. »Die Verwaltungs-
gerichte entscheiden unbeschadet aller privatrecht-
lichen Verhältnisse.« Aber nur subjektiven Rechten, nicht
blossen Interessen wird der Schutz der Verwaltungsgerichte zu Theil,
da die Beeinträchtigung der letzteren keine Rechtsverletzung und
somit kein Gegenstand richterlicher Thätigkeit ıst. Ermessens-
fragen bleiben nach wie vor der aktıven Verwaltung überlassen.
Damit ist grundsätzlich der Kompetenzkreis der Verwaltungsrechts-
pflege den ordentlichen Gerichten, wie den Verwaltungsbehörden
gegenüber abgesteckt. Wenn auch die Gesetzgebung der einzelnen
deutschen Staaten diese Grenzen bald weiter, bald enger gesteckt
hat, so ıst doch ın dem oben erörterten Grundsatze die Direktive
für die Gesetzgebung zu suchen.
Die Rechtsprechung des öffentlichen Rechtes hat nicht nur die
subjektiven Rechte der einzelnen, nicht mit öffentlicher Gewalt be-
kleideten Individuen, sondern auch die Rechtssphäre der Körper
der Selbstverwaltung gegen widerrechtliche Eingriffe der staatlichen
Behörden zu schützen. Die Körper der Selbstverwaltung sınd vom
Staate zu unterscheidende Persönlichkeiten, welchen
durch das Gesetz ein Recht auf gewisse staatliche Funktionen über-
tragen ıst. Insofern sie diese Funktionen in gesetzlicher Weise