Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

60 II. Geschichtl. Entwickelung des staatl. Rechtszustandes in Deutschland. 
Frieden war die Religionsgleichheit ein wichtiger Grundsatz in der 
Verfassung des RKG. »jus in partes eundic. Das Verfahren des 
RKG. richtete sich nach den RKGrerichtsordnungen von 1495 und 
1555. Das sog. Koncept veiner erneuerten und verbesserten K. G. O.« 
von 1613 erlangte niemals formell gesetzliche Gültigkeit, materiell 
enthielt es aber geltendes Recht. Die Kompetenz des RKG. war 
verschieden, je nachdem es sich um unmittelbare oder mittelbare 
Personen handelte. Klagsachen gegen Reichsunmittelbare 
konnten beim RKG. sofort in erster Instanz angebracht werden. 
wenn diesen nicht das Recht der Austräge zustand. Gregen Mittel- 
bare konnte das RKG. in Civilsachen regelmässig nur in höherer 
Instanz angegangen werden; doch waren in dieser Beziehung fast 
alle grössern Länder durch privilegia de non appellando eximirt. so 
die kurfürstlichen Länder durch die G. B.. später noch durch spe- 
cielle Privilegien. In Kriminalsachen der Mittelbaren war jede 
Appellation an die Reichsgerichte ausgeschlossen. Aber auch aus 
solchen Ländern, welche privilegia de non appellando besassen. 
konnte das RKG. Beschwerden wegen verweigerter oder verzögerter 
Justiz und Klagen wegen unheilbarer Nichtigkeit annehmen. In 
einzelnen Ausnahmefällen konnte, mit Vebergehung der untern 
Instanzen, sogleich beim RKG. geklagt werden und fand hier ein 
kurzer schleuniger Process statt. Dahin gehörten die Landfriedens- 
und Religionsfriedens-Bruchsachen, die Fiskalsachen u. s. w. Gre- 
rade auf diesen Ausnahmsfällen beruhte die Hauptbedeutung des 
RKCerichts. Das RKG. sollte jährlich durch Reichsdeputationen 
visitirt werden; dıe ordentlichen Visitationen hörten aber schon 
seit 1588 auf, die ausserordentlichen kamen nur selten zu Stande 
(zuletzt von 1767—1776‘  Gregen die Erkenntnisse des RKG. waren 
die Rechtsmittel der Restitution, der Revision, des Rekurses an 
den Reichstag unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, doch 
hatten sie meistens keinen Suspensiveffekt. 
2,Der Reichshofrathl!. 
Durch die Errichtung des RK@. fiel keineswegs das Recht des 
Kaisers auf Entscheidung von Streitigkeiten fort und wurde ihm für 
1 J. Chr, v, Uffenbach, tractatus de consilio Caesareo imperiali aulico. 
Viennae et Pragae 1700. Fol. J. Ch. Herchenhahn, Geschichte der Entste- 
hung, Bildung und gegenwärtigen Verfassung des kaiserlichen Reichshofrathes 
nebst der Verhandlungsart der darauf vorkommenden Geschäfte. Mannheim 
1792, 3 Theile. Von dem Werke von Malblank kommt hier der III. Theil in 
Betracht. Moser, Deutsche Justizverfassung. Th. II. Pütter, inst.$ 275 ff. 
Häberlin B. I. S. 371 ff,
	        
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