l. Die Zeiten des ältern deutschen Reiches. 61
einzelne Sachen sogar reichgesetzlich vorbehalten, besonders wo
es sich um die Aberkennung von Fürstenthümern und Grafschaften
handelte. Für die reichs- wie die erbländischen Sachen hatte bereits
Maximilian I. 1501 ein Hofrathskollegium bestellt. Ferdinand 1.
entzog demselben 1559 alle erbländischen Angelegenheiten, sodass
es seit dieser Zeit lediglich als Reichshofrath erschien. Im
westfälischen Frieden J.P.O.A.V.855 und 56 wurde der Reichs-
hofrath grundgesetzlich als oberstes kaiserliches Gericht anerkannt.
Der Kaiser war des Reichshofrathes einziges und oberstes Haupt;
er war für sich allein berechtigt, Reichshofrathsordnungen zu er-
lassen. Wegen dieser engen persönlichen Verbindung wurde mit
dem 'Tode jedes Kaisers der RHR. aufgelöst. Das Kollegium
bestand aus einem Präsidenten, einem Vicepräsidenten und Reichs-
hofräthen (regelmässig 18 an der Zahl), von denen wenigstens 6
evangelisch sein sollten. Sämmtliche Mitglieder des Reichshof-
rathes wurden vom Kaiser ernannt. Die Räthe theilten sich m die
Ilerrn- und Gelehrtenbank. Der Präsident hatte nicht nur bei
Stimmengleichheit eine entscheidende Stimme, sondern er hatte
auch das Recht, die Sache ın einem Gutachten dem Kaiser zur Ent-
scheidung vorzulegen »votum ad imperatorem«), wenn die Mehr-
heit nicht überwiegend war und beide Meinungen auf »stattlichen
grundfesten Ursachen« beruhten, worin allerdings ein bedenkliches
Stück Kabinetsjustiz lag. Der RHR. hatte als Gerichtshof regel-
mässig konkurrirende Gerichtsbarkeit mit dem RKG. Der Kläger
oder Appellant hatte somit die Wahl, an welches von beiden Ge-
richten er sich wenden wollte. Die Prävention gab den Ausschlag;
doch gab es Fälle, wo der Reichshofrath nach Gesetz oder Her-
kommen eme ausschliessliche Gerichtsbarkeit übte; dahin gehörten:
alle italienischen Sachen, ganze Reichslehen in petitorio betreffende
Processe , die Kriminalsachen der Reichsunmittelbaren. Wenn cs
sich jedoch um die Achtserklärung eines Reichsstandes oder um
Entsetzung eines solchen von der Reichsstandschaft oder Landes-
hoheit oder um Suspension von Ihrer Ausübung handelte, so konnte
ein Erkenntniss nur durch einen förmlichen Reichsschluss zu Stande
kommen. Ausser seiner Stellung als oberstes Reichsgericht war
der Reichshofrath auch das einzige Kollegium, dessen sich der
Kaiser in Reichsregierungssachen bediente.
3) Die Austräge!. Als die mionarchische Gewalt, msbeson-
I H.C.Senckenberg, flores sparsi ad jus austraegarum tam legalium,
qua conventionalium. Giess. 1739. Johann Jakob Prehn Yon den Austrägen,