Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

m. 
I. Die Zeiten des ältern deutschen Reiches. 1: 
Universitäten und der Literatur ab. Als vielsprachige Völker beherr- 
schende Macht konnte es seine Impulse nicht von der deutschen 
Nationalität, noch weniger von den engen deutschen Reichsverhält- 
nissen erhalten und musste die bewegende staatliche Kraft in sich 
selbst suchen. So kulturgeschichtlich vom deutschen Leben, staats- 
rechtlich vom deutschen Reichskörper getrennt. seit dem Ende des 
vorigen Jahrhunderts auch territorial auf den Osten zurückgedrängt. 
seit 1804 mit der neuen erblichen Kaiserwürde bekleidet. war Oester- 
reich seit Jahrhunderten zu einer europäischen Grossmacht gewor- 
den, welche ın dem deutschen Staatensystem keinen entsprechenden 
Platz mehr finden konnte. Dass «das nomimelle staatliche Band. 
welches Ocsterreich an Deutschland kettete. 1866 zerschnitten 
wurde, war kein willkürlicher Akt der vorübergehenden Feind- 
schaft einer rivalisirenden Macht. sondern das reife Resultat einer 
halbtausendjährigen Geschichte. Erst seit dieser Zeit ist Deutsch- 
land sich selbst wiedergegeben. Oesterreich aber auf seine grosse 
Mission, zahllose Völker und Völkerfragmente durch die immanente 
Kraft des deutschen Geistes zu einer höheren staatlichen und mensch- 
lichen Kultur zu erheben, deutlich hingewiesen. Nach Lösung des 
unhaltbar gewordenen staatlichen Bandes und nach Beseitigung aller 
kollidirenden Interessen wird die Annäherung des wiedergebore- 
nen deutschen Reiches und des verjüngten österreichischen Kaiser- 
staates nicht blos als ein österreichisches und deutsches. sondern 
als ein europäisches Bedürfniss immer mehr empfunden werden. 
Diese Annäherung wird ım einem völkerrechtlichen Verbande ihren 
Ausdruck finden, dessen zweckentsprechende Formulirung den 
Herrschern und Staatsmännern beider Reiche gewiss gelingen wird. 
2 Brandenburg-Preussen!. 
Grundlage dieses jungen Grossstaates ist die Markgrafschaft 
Brandenburg. in welcher seit 1415 das süddeutsche Fürstenge- 
schlecht der Zollern die Herrschaft erwarb. doch zeichnet sich an- 
fangs ihre Herrschaft in den brandenburgischen Landen durch nichts 
vor der staatlichen Entwickelung der übrigen deutschen Territorien 
aus; sie bewegte sich vielmehr ganz in den Bahnen reichsfürstlicher 
Politik. welche nach möglichster landesherrlicher Selbständigkeit 
strebte. ohne aus dem Rahmen des Reichsverbandes herauszutreten. 
! Eine Skizze der staatsrechtlichen Genesis dieses Staates habe ich in 
meinem »Preussischen Staatsrechte« B. I. S. 22—130 zegeben. wo sich auch eine 
hinreichende L.iteraturangabe findet.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.