Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

50 1. Geschichtl. Entwickelung des staatl. Rechtszustandes in Deutschland. 
8 37. 
Das Ende des ältern deutschen Reiches, 
Dieser Umsturz aller Besitzverhältnisse ıu Deutschland, diese 
dynastische Revolution, welche sich nur zum Schein in die 
Kormen des Reichsrechtes gekleidet hatte, erschütterte den mittel- 
alterigen Bau des deutschen Reiches m seinen Grundfesten. Die 
organischen Gesetze, welche der Reichsdeputationshanptschluss 
notliwendig gemacht hatte kamen nicht mehr zu Stande; die Or- 
ganısation des Reichsfürstenrathes blieb unvollendet. Die Kreis- 
verfassung, das lteichsmatrikularwesen , tieferschüttert, durch die 
politischen Umgestaltungen. wurde nicht mehr berichtigt. Eine all- 
gemeine Faustrechtspoltik riss ein. Die grösseren Reichsstände 
suchten die kleinern zu unterdrücken und einzuverleiben. Kaum 
konnte ein kaiserliches Konservatorıum vom 23. Januar 1804 (die 
Keichsnitterschaft vor der Habgier ıhrer fürstlichen Nachbarn 
retten. Dieser anarchischen Krisis im Innern entsprach die Schutz- 
losigkeit des Reiches nach aussen. Die Besetzung des Reichslandes 
Hannover, die Gebietsverletzung durch die Gefangeunahme des 
llerzogs von Enghien konnte den Reichstag nicht aus seiner Le- 
thargie aufrütteln. 
Im J. 1505 kam es zwischen Russland, England und Oester- 
reich zu einer neuen Koalition gegen Frankreich. Im llerbste dieses 
Jahres begann der Krieg zwischen Oesterreich und Frankreich, in 
welchem bereits Bayern, Württemberg und Baden auf Seiten Frank- 
reichs fochten. Die Kapitulation Ulms am 17 Oktober. die Er- 
oberung Wiens am 13. November und die Schlacht bei Austerlitz am 
2. December 1805 nöthigten Oesterreich zum Frieden von Press- 
burg vom 25. December 15805 G.v.Meyera.a.O. Nr. IV, S. 65,. 
Ausser den grossen territorialen Veränderungen, welche besonders 
in Abtretungen Oesterreichs jan Bayern, Württemberg und Baden 
bestanden. machten die Bestimmungen des Pressburger Friedens 
ein neues Loch in die Reichsverfassung. Ocsterreich musste die 
nengeschaffenen Königskronen von Bayerı und Württemberg und die 
volle Ssuveränetät dieser Staaten. sowie Badens anerkennen. Dass 
man trotzdem die fortdauernde Zugehörigkeit dieser Länder zum 
deutschen Bunde. »confcderation germanique«, aussprach, zeigte, 
wie völlig das Bewusstsein der Reichsordnung den damaligen Macht- 
habern abhanden gekommen war, welche an dieser Stelle absicht- 
lich vermieden, noch von einem deutschen Reiche zu sprechen.
	        
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