Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Landesstaatsrecht (1)

Die Auflösung des deutschen Reiches und der Rheinbund. 53 
gestaltung Deutschlands herbeigeführt wurde. Die Rheimbundsakte 
bestimmte in Art. XXVI die in der Souveränetät enthaltenen vier 
Hauptrechte: »legislation, jurisdietion supreme, haute police. con 
scription militairee.. Den Bundesgliedern gebührt die volle Sou- 
veränetät, aber den unterworfenen Reichsständen. deu sog. Media- 
tisirten. wurden umfassende grundherrliche Rechte, »droits seigneu- 
rlaux et feodaux non essentiellement inherents a la souverainete:, 
und wichtige persönliche Vorrechte zugestanden (Art. 27—32). Die 
reichsständischen Gebiete wurden nur »en toute’souverainetö«. die 
reichsstädtischen und geistlichen Besitzungen »en toute souverainete 
et propriete« unterworfen. 
Der Rheinbund, »confederation du Rhin«, war ein blos völker- 
rechtlicher Verein souveräner Staaten. Angeblicher 
Zweck des Bundes war: »die Sicherheit des äussern und innern 
Friedens von Süddeutschland«. An der Spitze des Bundes stand als 
Protektor der Kaiser der Franzosen. Er übernahm die Initiative des 
zu entwerfenden Fundamentalstatuts, ernannte den Nachfolger des 
Fürsten-Primas (A. 12) und konkurrirte vorzüglich bei der Aufnahme 
neuer Bundesgenossen (A. 39) sowie in Kriegsverhältnissen des 
Bundes. Obgleich Napoleon jeden Gedanken an eine wirkliche Ober- 
herrlichkeit zurückwies, so fand doch thatsächlich die drückendste 
Abhängigkeit statt, besonders verfügte Napoleon über die Kontin- 
gente ganz nach Willkür. 
Die Bundesfürsten entsagten für sich und ihre Nachfolger 
allen Rechten [a tout droit actuel), welche sie auf die Besitzungen 
anderer Mitglieder haben könnten, mit alleiniger Ausnahme der Erh- 
folgerechte, »droits eventuels« {A. 34), erklärten alle Reichsgesetze 
für sich und ihre Lande für unverbindlich (A. 2) und legten alle auf 
die deutsche Reichsverfassung bezüglichen Titel ab. Der Kurerz- 
kanzler wurde Fürstprimas. Er war als solcher Präsident der Bun- 
desversammlung. .Diese, »la diete de Francfort«, sollte das einzige 
verfassungsmässige Organ des Bundes sein und aus zwei Kollegien 
bestehen, dem königlichen, wozu auch der Fürstprimas und die 
Grossherzöge gehörten, und dem fürstlichen. Die Bundesversamm- 
lung war zugleich bestimmt, als Bundesgericht alle Streitigkeiten 
zwischen den Bundesgliedern zu entscheiden [A. 9}. Aber weder 
die Organisation dieser Bundesbehörde ist je ins Leben getreten. 
noch ist das versprochene Fundamentalstatut erlassen worden. Das 
ganze Bundesverhältniss blieb ein Werkzeug französischer Willkür 
und war keiner weitern rechtlichen Entwickelung fähig. doch sind 
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