Maturwissenschaften. 65
Methodische VLemerkungen für die Naturwissenschaften.
1. Bei dem Unterrichte in den Naturwissenschaften ist die An-
eignung einer Summe einzelner, im Leben verwendbarer Kenntnisse,
so schätzbar an sich sie ist, doch nicht das Endziel, sondern nur ein
Mittel zur Förderung der allgemeinen Bildung. Der Schüler soll
lernen, seine Sinne richtig zu gebrauchen und das Beobachtete richtig
zu beschreiben; er soll einen Einblick gewinnen in den gesetzmäßigen
Zusammenhang der Naturerscheinungen und in die Bedeutung der
Naturgesetze für das Leben; er soll auch, soweit dies auf der Schule
möglich ist, die Wege verstehen lernen, auf denen man zur Erkenntnis
dieser Gesetze gelangt ist und gelangen kann. Anschauung und Ver-
such haben im Unterrichte einen größeren Raum einzunehmen.
2. Der Unterricht in der Botanik und Zoologie hat, von der
Anleitung zur Beobachtung und Beschreibung einzelner Pflanzen und
Ttere ausgehend, die Schüler durch Vergleichung verwandter Formen
allmählich zur Aneignung der wichtigsten Begriffe der Morphologie
und zur Kenntnis des Systems hinzuführen und zugleich mit den
wichtigsten Erscheinungen und Gesetzen des Tier= und Pflanzenlebens
bekanntzumachen. Das Hauptgewicht ist überall nicht so sehr auf
einen großen Umfang des Lehrstoffes, als auf dessen unterrichtliche
Durcharbeitung zu legen. Zu behandeln sind vorzugsweise die Ver-
treter der einheimischen Tier= und Pflanzenwelt, wie sie die Umgebung
und die Sammlungen der Schule bieten, daneben aber auch einige
charakteristische Formen fremder Erdteile und wichtige ausländische
Nutzpflanzen. Von der untersten Stufe des Unterrichts an ist die
Aufmerksamkeit der Schüler auf Lebenserscheinungen und Lebens-
beziehungen zu richten, wozu auch Mitteilungen über die geographische
Verbreitung der Tiere und Pflanzen gehören. Dabei werden die
eigenen Beobachtungen der Schüler vorzugsweise zu berücksichtigen sein,
während andererseits alles zu vermeiden ist, was über das Verständnis
der betreffenden Klassenstufe hinausgeht. Ubungen im Bestimmen ein-
heimischer Pflanzen sind wünschenswert und können auch an der Hand
des Linnéschen Systems vorgenommen werden. Es ist zulässig, auf
allen Stufen einfache Erscheinungen aus anderen Zweigen der Natur-
wissenschaft, soweit sie zum Verständnis der lebenden Natur dienen
können und über das Fassungsvermögen der Schüler nicht hinaus-
gehen, in den Bereich der Betrachtung zu ziehen. Auf allen Stufen
sind die Schüler im einfachen schematischen Zeichnen des Beobachteten
zu üben. Naturwissenschaftliche Exkursionen werden die Möglichkeit
gewähren, die Lebenserscheinungen der Tier= und Pflanzenwelt, die
gegenseitige Abhängigkeit und die Lebensgemeinschaften beider der
Anschauung und dem Verständnis der Schüler nahe zu führen, wie sie
Lehrpläne 2c. 5