Full text: Lehrpläne und Lehraufgaben für die höheren Schulen in Preußen von 1901.

Allgemeine Bemerkungen. 73 
achtung der körperlichen und geistigen Entwickelung sowie der Leistungs-= 
fähigkeit der betreffenden Altersstufen zu bemessen. 
o) Ein nicht unerheblicher Teil dessen, was früher der schrift- 
lichen Hausarbeit zufiel, kann bei richtiger methodischer Behandlung 
des Unterrichts in die Schule verlegt werden. 
4) Die nicht schriftliche Hausarbeit, soweit sie die Aneignung 
des unentbehrlichen Gedächtnisstoffes und die Befestigung des Gelernten 
betrifft, vereinfacht sich in demselben Maße, in welchem der gedächtnis- 
mäßige Lernstoff auf allen Gebieten durch sorgfältige Sichtung gemindert 
und durch umsichtig geregelte Wiederholung dauernd gesichert wird. 
Diese Gesichtspunkte sind unausgesetzt im Auge zu bebalten. 
e) Ein wirksames Mittel zur Verminderung der Hausarbeit ist die 
methodische imnere Verknüpfung verwandter Lehrfächer untereinander und 
die entsprechende Gruppierung des Lehrstoffes. Diese sind am sichersten zu 
erreichen, wenn wenigstens auf den unteren und mittleren Stufen in jeder 
Klasse die sprachlich-geschichtlichen Fächer einerseits und die mathematisch= 
naturwissenschaftlichen andererseits möglichst in eine Hand gelegt werden. 
Auf Grund dieser Gesichtspunkte und unter Berücksichtigung der 
von den Provinzial-Schulkollegien vor Beginn des Schuljahres fest- 
gestellten besonderen Lehraufgaben für jede Anstalt werden die Lehrer- 
kollegien auch fernerhin jedesmal einen Arbeitsplan für die betreffenden 
Klassen bezüglich der Verteilung der Hausarbeiten zu entwerfen haben. 
Bei dieser wird darauf Bedacht zu nehmen sein, daß, normale mittlere 
Leistungsfähigkeit der Schüler vorausgesetzt, eine Überbürdung nicht 
stattfindet und an jedem Tage ausreichend Zeit zur Erholung bleibt. 
Eine Übersicht über die für jeden einzelnen Tag geforderten häuslichen 
Arbeiten und damit eine wirksame Überwachung der Einhaltung des 
gebotenen Maßes ermöglichen dem Direktor und dem Klassenlehrer die 
genau zu führenden Klassenbücher. 
6. Zu den in den Lehraufgaben und methodischen Bemerkungen 
vorgesehenen Klassenarbeiten treten für die Mittel= und Oberstuse im 
Deutschen, in den fremden Sprachen, in der Geschichte und Erdkunde 
sawie in den Naturwissenschaften kurze Ausarbeitungen über eng be- 
grenzte, im Unterrichte durchgenommene Abschnitte. Sie sind von 
dem betreffenden Fachlehrer durchzusehen und mit besonderer Räcksicht 
auf die Angemessenheit des Ausdruckes zu beurteilen (vgl. Methodische 
Bemerkungen für das Deutsche unter 2). 
Mit aller Entschiedenheit ist einer einseitigen Wertschätzung des 
sog. Extemporales entgegenzutreten. 
7. Soll die höhere Schule auch in erziehlicher Hinsicht ihre 
Aufgabe lösen, so hat sie auf äußere Zucht und Ordnung zu halten, 
Gehorsam, Fleiß, Wahrhaftigkeit und lautere Gesinnung zu pflegen 
und aus allen, besonders den ethischen Unterrichtsstoffen fruchtbare
	        
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