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5.
Allgemeine Eintheilung der Naturkörper.
Alles das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können,
ist Natur; die einzelnen Theile der uns umgebenden Natur nennen
wir, sobald sie eine gewisse Selbstständigkeit besitzen, Naturkörper.
Entweder sind diese Naturkörper unverändert und ursprünglich (eigent-
liche Natur), oder sie sind durch menschliche Kunst und Kultur so ver-
ändert und umgeformt, daß wir sie nicht mehr Naturkörper im eigent-
lichen Sinne nennen. Ein Haus z. B. nennen wir nicht mehr einen
Naturkörper, sondern etwa ein Kunstwerk; es ist eine solche Um-
formung der einzelnen Bestandtheile, die wir sonst Naturkörper nennen,
wie Holz, Steine, Erden rc. vorgenommen, daß der Begriff der Natur,
d. h. des Ursprünglichen ganz verloren gegangen ist. In gleicher
Weise können wir Alles, was uns im täglichen Leben umgiebt, die
feinsten Kunstwerke wie die allergewöhnlichsten Bedürfnißstücke auf
Körper, wie sie draußen in der Natur vorkommen, zurückführen, und
so rechtfertigt sich der obige Satz, daß Alles, was wir mit unseren
Sinnen wahrnehmen können, „Natur“ ist. Im engeren Sinne ver-
stehen wir jedoch unter „Natur“ den Inbegriff aller der Natur-
körper, welche sich nach bestimmten Gesetzen, die wir Naturgesetze
nennen, entwickeln und wie sie sich überall im Weltraum resp. auf
unserer Erde ursprünglich, von Menschenhand noch unberührt oder
unverändert vorfinden. Die Naturgeschichte beschäftigt sich mit der
Beschreibung der Naturkörper, sie umfaßt die Thierlehre (Zoologie),
die Pflanzenlehre (Botanik) und die Lehre von den Gesteinen und
Metallen (Mineralogie); die Naturlehre beschäftigt sich mit den Natur-
gesetzen; sie umfaßt die Chemie und Physik; beide — Naturgeschichte
und Naturlehre — zusammen bilden die „Naturwissenschaften“,
welche die Erkenntniß der ganzen Natur anstreben. Das Gebiet der
Naturwissenschaften ist so ungeheuer groß, daß eine einzelne Menschen-
kraft kaum ausreicht, auch nur einen Haupttheil derselben zu be-
herrschen, geschweige denn mehrere Haupttheile oder die gesammten
Naturwissenschaften. Deshalb ist es Sache der einzelnen Fachwissen-
schaften, sich das Nothwendige herauszusuchen und von den gesammten
Naturwissenschaften nur soviel als zum Zusammenhange und allgemeinen
Verständniß gehört, vorzumerken. Es finden also hier nur die den
Forstmann interessirenden Theile der Naturwissenschaften Berücksichtigung,
soweit sie der künftige Förster verstehen kann und muß.