12 Einleitung.
mählich zu Rechtspflichten zu gestalten (so bei der Rechtshilfe,
insbesondere der Auslieferung).
Die tatsächliche Rechtsübung tritt uns entgegen:
a) In dem friedlichen und kriegerischen Verkehr der Staaten;
so vor allem in dem Inhalt der zwischen den einzelnen
Staaten geschlossenen Verträge, auch wenn diese nicht, wie
in den berühmten „drei Washingtoner Regeln“ des englisch-
amerikanischen Alabama-Vertrages vom 8. Mai 1871 allge-
meine, für das künftige Verhalten der Staaten bindende
Normen enthalten; aber auch in der nationalen Gesetz-
gebung und Rechtsprechung, insoweit deren inhaltliche
Übereinstimmung in den verschiedenen Staaten die Gemein-
samkeit der Rechtsüberzeugung erkennen läßt;
b) in den Entscheidungen der internationalen Gerichte (ins-
besondere der Schiedsgerichte).
2. Die ausdrtickliche Reehtssatzung finden wir:
a) In den Vereinbarungen der Staaten selbst, meist, wenn
auch nicht ausschließlich, auf internationalen Konferenzen
und Kongressen (Pariser Kongreß 1856, Berliner Kongreß
1878, Wiener Kongreßakte von 1815 über die internationalen
Ströme; Genfer Konvention von 1864, Generalakte der Haager
Friedenskonferenz von 1899); ferner in den Gründungs-
satzungen der sog. Unionen (Staatenvereinen oder inter-
3) Beispiele: Das italienische Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 über
die Rechtsstellung des Papstes (unten $ 61); 8$ 18 bis 21 des deutschen
Gerichtsverfassungsgesetzes (unten $$ 14, 15); die Auslieferungsgesetze der
verschiedenen Staaten; der Naval War Code der Vereinigten Staaten vom
27. Juni1900 (B. Z. XI 385); die Erklärungen der Kriegführenden über den
Begriff der Konterbande (unten $42 IV). Stoerk spricht in diesen Fällen
bezeichnend von der „Parallelgesutzgebung der Staaten“.
4) Die schon von Binding und Jellinek aufgestellte Unterscheidung
zwischen dem Vertrag als Rechtsgeschäft und der Vereinbarung als Rechts-
satzung hat Triepel zum Ausgangspunkte seiner Untersuchungen gemacht.
Da aber die völkerrechtlichen Vereinbarungen in der Form von Staaten-
verträgen zustande zu kommen pflegen, finden die für diese geltenden
Rechtssätze grundsätzlich auch auf jene Anwendung.