Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

94 I. Buch. Die Rechtssubjekte des völkerrechtlichen Staatenverbands. 
IT. 
8 11. Das Staatsvolk.:) 
L. Staatsvolk Ist die Gesamtheit der Staatsangehörigen. Diese stehen unter 
der Staatsgewalt ihres Heimatsstaates nicht kraft der Gebietshoheit dieses 
Staates, sondern kraft des innigeren Bandes der Staatszugehörigkelt, das sie, 
auch wenn sie sich in der Fremde aufhalten, an die heimatliche Staatsgewalt 
knüpft. Auch In der Fremde sind sie der Belehlsgewalt des Heimatsstaates 
unterworfen, die freilich in die Gebletshoheit des Aufenthaltsstaates nicht ein- 
greifen darf und so der Zwangsgewalt entbehrt; und gerade In der Fremde stehen 
sie unter der Schutzgewalt ihres Vaterlandes. 
H. Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit wird durch die nationale 
Gesetzgebung jedes Staates bestimmt.?) 
Da diese aber heute noch nicht nach einheitlichen Grundsätzen vorzu- 
gehen pflegt, so Ist die Möglichkeit einer positiven wie einer negativen Statuten- 
kollision gegeben. a 
1. Es kann jemand die Staatsangehörigkeit seines Heimatstaates bei- 
behalten und die eines andern Staates erworben haben, mithin Angehöriger 
zweier Staaten sein (sujets mixtes). 
2. Es kann jemand die Staatsangehörigkeit seines Heimatstaates ver- 
loren und die eines andern Staates nicht erlangt haben, mithin Im völker- 
rechtlichen Sinne „heimatlos‘‘ (Apolit) sein. 
An diese beiden Fälle schließen sich weiter die bereits mit der 
Geburt möglicherweise gegebene doppelte Staatsangchörigkeit oder Hei- 
matlosigkeit). 
1) v. Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit in internat. Verkehr. 
1876.. Stoerk, R.G. II273. Derselbe, H.H. II585. Sieber, Das Staats- 
bürgerrecht im internat. Verkehr. 2 Bde. 1907. Weiß, Trait& thöorique et pra- 
tique de droit internat. prive6. 1.Bd. 2. Aufl. 1907. Bisocchi, Acquisto e 
perdita della nazionalitä. 1906. Lehr, R.J. XL285, 401, 525 (auch selbständig: 
La nationalit6 dans les principaux Etats du globe. 1909). Gaston de Leval, 
De la protection diplomatique des nationaux & l’ötranger. 1907. Borchard, 
The diplomatio protection of citizens abroad ete. 1915 (sehr brauchbar). Bonet 
et Jacquemin, De la nationalit6 au point de vue militaire. 1905. Gargas, 
K.Z. V278. De Louter 1257. Oppenheim 1362. Ullmann 344. 
2) Vgl. das deutsche Reichsgesetz vom 22. Juli 1913 (R. G. Bl. S. 683). Dazu 
die Kommentare von Keller und Trautmann, sowie von Cahn (4. Aufl. 1914). 
Eine Zusammenstellung der in den verschiedenen Staaten geltenden Grundsätze 
findet sich N.R.G. 2. s. XIX 515 bis 760. Vgl. auch unten $31. 
3) von und zu Bodmann, L. A. XII 200, 317. Reus, Über Kollisionen 
der Gesetze über den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. Diss. 1898. 
Oppenheim I362. Keidel, L. A. XVI 88. — Über Heimatlosigkeit sagt Art. 29 
E. G. zum B. G. B.: ‚Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechts- 
verhältnisse, soweit die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maß- 
gebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person 
zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher einem Staste nicht angehört 
hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Er-
	        
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