$ 12. Der Grundsatz der Verkehrsfreiheit. 103
doch pflegt hier die Meistbegünstigungsklausel vor einseitiger Benach-
teiligung zu sichern (unten $ 22 III 2).
1. Die Erschließung des Landes gewährt den Staatsfremden das Re«ht,
das Gebiet des Staates zu betreten, an jedem Ort Innerhalb desselben » ch
aufzuhalten, sich niederzulassen, und ohne besondere Abgabe Landwirtschift,
Gewerbe und Schiffahrt zu treiben.®)
a) Die Ausübung gewisser Gewerbe kann aus staatspolizei-
lichen Gründen den Staatsangehörigen vorbehalten werden; so die
Wandergewerbe, die Betriebe der Apotheken, Handelsmakler usw. Vgl.
den durch den Krieg aufgehobenen deutsch-italienischen Handels- usw.
Vertrag vom 6. Dezember 1891 (R.G.B1.1892 S.97) Art.1 Abs.3 (un-
verändert in der Fassung des Zusatzvertrages vom 3. Dezember 1904;
unten 8 28 I).
b) Ebenso pflegt den Staatsfremden die Fischerei (p&che natio-
nale) in den nationalen Gewässern wie in den Küstengewässern versagt
zu werden (oben $ 9 IV, S. 80). In den Vereinigten Staaten, in Portu-
gal und in Griechenland ist die Küstenfischerei freigegeben. Das
deutsche R.St.G.B. bedroht in $ 296a Ausländer mit Strafe, die in
deutschen Küstengewässern unbefugt fischen. Ähnlich das nieder-
ländische Gesetz vom 26. Oktober 1889 und das portugiesische vom
26. Oktober 1909.
c) Auch die Küstenschiffahrt (le cabotage maritime, von dem
spanischen cabo = Kap) wird häufig den nationalen Schiffen vorbe-
halten. Küstenschiffahrt ist die Vermittlung des Verkehrs zwischen
Küstenpunkten desselben Staates, nicht aber die Hochseefahrt zwischen
Mutterland und Kolonien. England (für das Vereinigte Königreich), Bel-
gien, Bulgarien, Rumänien, die meisten süd- und mittelamerikanischen
Staaten haben die Küstenschiffahrt freigegeben. Auch sonst wird sie
häufig durch besondere Vereinbarung unter Voraussetzung der Gegen-
seitigkei“ den fremden Schiffen eingeräumt. Das Deutsche Reicht hat
sie nach dem Gesetz, betreffend die Küstenschiffahrt, vom 22. Mai 1881
(R.G.Bl. S.97) den deutschen Schiffen vorbehalten (8 1). Doch kann
sie ($ 2) ausländischen Schiffen durch Staatsvertrag oder durch Kaiser-
liche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats eingeräumt wer-
den?). In der Kongoakte vom 26. Februar 1885 Art.2 (s. Anhang) ist
die gesamte Küstenschiffahrt (cabotage maritime et fluvial) den Staats-
fremden aller Nationen völlig freigegeben. |
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6) Ausnahmen gelten aus politisch-religiösen Gründen für die osmanischen
Provinzen Hedschas usw. Art. 13 des deutsch-türkischen Niederlassungsvertrages.
7) Zusammenstellung der Auslandsstaaten, die das Recht zur Küsten-
schiffahrt in den deutschen Gewässern besitzen, bei Fleischmann 270 Note 7.
— Kanadisches Gesetz vom 30. Januar 1907 im N.R.G. 3. s. VIII 236.