186 II. Buch. Die Interessengemeinschaft des völkerrechtl. Stastenverbands.
übrigen Mächte offen. Im übrigen findet der Begriff der Küstengewässer (oben
& 91V) Anwendung.
Wichtige Beispiele bieten der Sund und die Meerenge von Gibral-
tar. Der Uferstaat ist nicht berechtigt, für die Gestattung der Durch-
fahrt Abgaben zu erheben, soweit diese nicht als Gegenleistung für die
Erhaltung des Fahrwassers und der Schiffahrtszeichen erscheinen. Die
von Dänemark erhobenen Sund- und Beltzölle wurden durch Vertrag
vom 14.März 18574) gegen Entschädigung aufgehoben.
4, Auch bezüglich der Meerengen können jedoch durch besondere Ver-
einbarungen der Mächte abweichende Bestimmungen getroffen werden. So
wurde durch den Londoner Meerengen-Vertrag (convention des dötroits) vom
18. Juli 1841 bestimmt, daß in Friedenszeiten jedem nicht türkischen Kriegs-
schiff dieDurchfahrt durch die Dardanellen und den Bosporus versagt sein solle..)
Nach dem oben aufgestellten Grundsatze stehen die Meerengen
des Bosporus und der Dardanellen unter der Staatsgewalt der Türkei;
diese wäre nach demselben Grundsatze nicht berechtigt, den Handels-
oder Kriegsschiffen der übrigen Mächte die Durchfahrt zu versagen.
Aber schor im türkisch-russischen Bündnisvertrag vom 24. Septeinber
1805 (Strupp Orient 32). verabredeten beide Mächte die Schließung der
Meerengen gegen alle fremden Kriegsschiffe. Und im türkisch-englischen
Friedensvertrage vom 5. Januar 1809 verpflichtete sich England zu der
Beobachtung des alten Grundsatzes, daß fremden Kriegsschiffen die Ein-
fahrt in die Meerengen verboten sei (Strupp I 280 Note). DaB die
. Schließung damals dem Schutze Rußlands diente, ergibt sich klar aus
dem Geheimartikel zu dem türkisch-russischen Bündnisvertrag vom
8. Juli 1833 zu Unkiar-Iskelessi -(Strupp Orient 62), in dem sie an die
Stelle der Gewährung militärischer Unterstützung durch die Türkei treten
sollte. Der Vertrag zwischen England, Österreich, Preußen, Rußland
und der Türkei vom 15. Juli 1840 (Strupp Orient 63) bestätigte die „alte
Regel“. Den Handelsschiffen dagegen war die Durchfahrt gestattet,
vgl. Art.7 des Friedens zu Adrianopel von 1829.
Allgemeines Recht wurde die Schließung durch den Meerengen-
vertrag von 1841. Der Vertrag wurde von den fünf Großmächten abge-
4) Abgedruckt bei Fleischmann 58; Strupp 1304. Vgl.dazu Krauel,
Hansische Geschichtsblätter XXXIV 2, 319.
5) Mischeff, La Mer Noire et les dötroits de Constantinople. Essai d’histoire
diplomatique. 1899. Espöret, La condition internat. des dötroits etc. 1907.
Loze&, La question des dötroits etc. 1908. Kuntze, Die Dardanellenfrage. 1909.
Goriainow, Le Bosphore et les Dardanelles. 1910. Kohler, K.Z. V. 187.
Macey, Statut internat. des „Detroits“. 1912. Dendrino, Bosporus und Dar-
danellen. Berliner Diss. 1914. Hasenclever, Die orientalische Frage 1838 bis 1841.
Der Ursprung des Meerengenvertrages von 1841. 1914. Dascovici, La question
du Bosphore et des Dardanelles. 1915. N ys I 500. — Abdruck bei Fleischmann
29, 39; Strupp 1279. Vgl. oben S. 18.