Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 26. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres. 187 
schlossen ; beigetreten sind Toskana, Dänemark, Belgien, Schweden und 
Norwegen (Strupp Orient 73). Die Schließung der Meerengen für andere 
als türkische Kriegsschiffe, unter Gleichstellung Rußlands mit allen ande- 
ren Mächten, wurde ausdrücklich als alter Grundsatz des ottomanischen 
Reichs hingestellt, und die Türkei verpflichtete sich, ihn zur Anwendung 
zu bringen. Eine Ausnahme wurde, wie schon 1840 (Strupp Orient 70), 
für leichte Kriegsschiffe im Dienste der Gesandtschaften gemacht; der 
Sultan behielt sich vor, solchen Fahrzeugen einen Durchfahrtsfirman zu 
erteilen. Diese Bestimmungen wurden durch .einen besonderen Anhang 
zum Pariser Frieden von 1856 (s. Anhang) aufrechterhalten. Zugleich 
wurde eine weitere Ausnahme hinzugefügt für je zwei leichte Kriegs- 
schiffe jeder Signatarmacht, die dazu bestimmt sind, an den Donau- 
mündungen zur Überwachung der freien Flußschiffahrt auf der Donau 
stationiert zu werden (unten $27II). Abweichend hat der oben 822 V1 
erwähnte Londoner Vertrag vom 13.März 1871 die Befugnis (faculte) 
des Sultans ausdrücklich anerkannt, die Meerengen im Frieden den 
Kriegsschiffen der befreundeten und verbündeten Mächte zu öffnen, 
falls die Hohe Pforte dies für nötig erachten sollte, um die Ausführung 
.der Stipulationen des Pariser Vertrages zu sichern. Art.63 der Ber- 
liner Kongreßakte von 1878 hat die Verträge von 1856 und 1871 aus- 
drücklich aufrechterhalten, den Widerspruch zwischen der englischen 
und der russischen Auffassung (Fleischmann 147) jedoch nicht gelöst; 
Rußland betrachtet die Verpflichtung der Mächte als von allen gegen alle 
übernommen, Großbritannien dagegen als eine solche, die jede ein- 
zelne Macht nur dem Sultan gegenüber eingegangen ist. Trotz der 
Schließung hat die Türkei wiederholt den unter Handelsflagge fahrenden 
(meist zu Truppentransporten verwendeten, aber keine Armierung füh- 
renden) Schiffen der russischen „Freiwilligen Flotte“ die Durchfahrt 
freigegeben®). 1895 (Irade vom 10. Dezember) setzten die Signatar- 
mächte von 1856 und 1878 die Anerkennung ihres Rechtes durch, 
je ein zweites leichtes Stationsschiff durch die Dardanellen laufen 
(aber hier nicht Anker werfen) zu lassen. Der von anderen Mächten 
(den Vereinigten Staaten, Spanien, den Niederlanden, Griechenland) 
erhobene Anspruch, ebenfalls je ein Stationsschiff nach Konstantinopel 
zu schicken, wurde von der Türkei zurückgewiesen. 
6) Vgl. dietürkische Zirkularnote vom 19. September 1891 bei Fleischmann 
265. Strupp I182. 1902 führte die Durchfahrt russischer Torpodeboote, eben- 
falls ohne Armierung und ohne kriegerische Bemannung, zu einem Proteste Groß- 
britanniens, der aber ohne Folgen blieb. Vgl. R. G.X 326. — Schiffen, auf denen 
das Oberhaupt eines unabhängigen Staates sich befindet, gewährt die Pforte die 
Durchfahrtebewilligung (Rundschreiben der Türkei vom 28. September 1868 bei 
Strupp, Orient 110).
	        
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