Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 2. Die Quellen des Völkerrechts. - g 
wird man, wie ich mit vielen hoffe, in absehbarer Zeit von einem 
mitteleuropäischen Völkerrecht sprechen. 
Das partikulare Völkerrecht hat erfahrungsgemäß die Tendenz, 
durch dic, wenn auch nur stillschweigende, Anerkennung der übrigen 
Staaten, zum allgemeinen Völkerrecht zu werden. Beispiele bieten die 
Neutralisierung Belgiens, die Internationalisierung des Suezkanals, die 
Pariser Seerechtsdeklaration usw. In der Bildung von Gruppen eng- 
verbundener Staaten aber erblicke ich die notwendige Vorstufe für die 
Organisation der allgemeinen Staatengemeinschaft (oben 8 17) und da- 
mit für einc starke Friedensordnung.®). 
8 2. Die Quellen des Völkerrechts'). 
I. Das Völkerrecht beruht auf der übereinstimmenden Rechtsüberzeugung 
der Kulturstaaten, soweit sich diese zur Erklärung des gemeinsamen Rechts- 
willens verdichtet hat. Diese Erklärung äußert sich zum Teil als Rechts- 
übung, zum Tell als ausdrückliche Rechtssatzung. 
1. Gewohnheitsrecht (ungesetztes Recht) entsteht durch die tatsächliche 
Übung als Kundgebung des allgemeinen Rechtsbewußtseins (opinio juris sive 
necessitatis).. Dieses Erfordernis fehlt einerseits bei Handlungen der 
Höflichkeit (comitas gentium, courtoisie internationale), andrerseits 
bei Handlungen, die im Notstand vorgenommen werden (Notakte). 
Doch führt die Entwicklung dazu, Handlungen der Höflichkeit allmäh- 
‚lich zu Rechtspflichten zu gestalten (so bei der Rechtshilfe, insbeson- 
dere der Auslieferung). Durch Übung kann nicht nur neues Recht ge- 
schaffen, sondern auch bestehendes Recht beseitigt werden (konstitu- 
tive und derogative’ Kraft der Gewohnheit). So dürfte der bis dahin 
allgemein anerkannte Satz, daß der Krieg gegen die Streitkräfte des 
Gegners, nicht gegen die friedliche Bevölkerung geführt werde (unten 
8839 V) durch den Weltkrieg bis auf weiteres beseitigt sein. 
Dio tatsächliche Rechtsübung tritt uns entgegen: 
a) In dem friedlichen und kriegerischen Verkehr der Staaten: so 
in der dem Staatshaupt oder dem Gesandten eines fremden Staates 
non-existence d’un droit internat. ame6ricaih. 1912. Ferner Nys, R.J. XLI 37. 
Fried, Panamerika. 1910. Usher, Pan-Americanisme. 1915. 
8) Vgl. v. Liszt, Vom Staatenverband zur Völkergemeinschaft. 1917. 
1) Bergbohm, Staatsverträge und Gesetze als Quellen des Völkerrechte. 
1877. Triepel, Völkerrecht und Landesrecht. 1890. Kaufmann, Die Rechts- 
kraft des internationalen Rechts und das Verhältnis der Staatsgesetzgebungen 
und der Stastsorgane zu demselben. 1899. Cavaglieri, La oonsuetudine giuri- 
dics internaz. 1907. Striemer, Die rechtsetzenden Staatsverträge im Völker- 
recht. Greifswalder Diss. 1914. Oppenheim N.Z.XXV1. Nys 1152. Ull- 
mann 39. — Stoerk, Völkerrecht und Völkercourtoisie. (Festgabe für Laband.) 
1908. v. Bar, Archiv für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie. 1912. S.1. Heil- 
born, bei Stier-Somlo Il. 8.31. Eltzbacher, Totes und lebendes Völker- 
recht. 1916. Dazu Strupp, N. Z. XXVI 579.
	        
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