Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

8 42. Die Rechtsstellung der neutralen Mächte. 353 
die Beschlagnahme des Schiffes, so sind sie möglichst unverzüglich 
weiterzubefördern (Art.1 und 2 des 11. Abkommens von 1907)17). 
Die Durchsuchung der auf hoher See betroffenen Postdampfer hat 
an Ort und Stelle zu erfolgen; Abschleppung in einen Hafen des Krieg- 
führenden ist unzulässig. 
d) Flucht des angehaltenen Schiffes sowie gewaltsamer Wider- 
stand gegen die rechtmäßige Ausübung des Anhaltungs-, Durchsuchungs- 
oder Beschlagnahmerechts hat die Anwendung von Gewaltmitteln und 
die Einziehung des Schiffes zur Folge. Die Ladung unterliegt der- 
selben Behandlung, welche die Ladung eines feindlichen Handelsschiffs 
erfahren würde; die dem Kapitän oder dem Eigentümer des Schiffs ge- 
hörenden Waren werden als feindliche Waren angesehen (Art.63 von 
1%9). 
6. Die Bechtmäßigkeit der Wegnahme von Schiff und Ladung ist im 
prisengerichtlichen Verfahren festzustellen. 
a) Die Zerstörung des neutralen Schiffes bildete 1907 
den Gegenstand lebhafter Erörterung. Nach dem von Japan unterstützten 
englisch-amerikanischen Vorschlag sollte sie unbedingt verboten wer- 
den; doch kam es darüber zu keiner Verständigung. Die Londoner Kon- 
ferenz hat sie grundsätzlich untersagt, aber im Falle der Not gestattet; 
dann nämlich, wenn die Wegführung des Schiffs das Kriegsschiff einer 
Gefahr aussetzen, oder den Erfolg der kriegerischen Operation, worin 
es derzeit begriffen ist, beeinträchtigen könnte. Vor der Zerstörung 
müssen die an Bord befindlichen Personen in Sicherheit gebracht und 
die Schiffspapiere und sonstigen Beweisstücke auf das Kriegsschiff 
übernommen werden. Das zerstörende Kriegsschiff hat den Beweis zu 
führen, daß die Zerstörung notwendig war; gelingt der Nachweis nicht, 
so ist die nehmende Macht unter allen Umständen, mag die Wegnahme 
rechtmäßig gewesen sein oder nicht, zum Schadensersatz verpflichtet. 
Gelingt der Nachweis,-wird aber die Wegnahme für nicht gerechtfertigt 
erklärt, so ist Ersatz zu leisten. Statt das Schiff zu zerstören, kann 
das nehmende Kriegsschiff die Übergabe einziehbarer Waren, die an 
Bord eines der Einziehung selbst nicht unterliegenden Schiffs gefunden 
werden, verlangen oder sie zerstören; die Haftung der nehmenden Macht 
bestimmt sich dann nach denselben Grundsätzen wie bei der Zer- 
störung des Schiffs (Art.48 bis 54 der Erklärung von 1909). 
17) Oben $ 41 Note 16. — Über die Briefpostsendungen vgl. Staöl v. Hol- 
stein, Postens behandling under krig. 1916. — Über die Beschlagnahme der 
Deutschen Postdampfer „Herzog“ und „Bundesrat‘‘ durch die Engländer vgl. 
N. R.G.2.s. XXIX 456. Heinze, Die Beschlagnahme der deutschen Post- 
dampfer durch die Engländer. 1900. (Englische) Correspondence with the U. 
St. ambassador respecting the treatment of mails on neutral vessels. Januar 1916. 
v. Liszt, Völkerrecht. 11. Aufl. 23
	        
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