Full text: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

$ 43. Das Verfahren in Prisensachen und der internationale Prisenhof. 359 
prozessuale Rechtsnachteile, die in der Gesetzgebung der nehmenden 
Kriegsmacht vorgesehen sind, außer acht lassen (Art.7). 
Wird die Wegnahme für rechtmäßig erklärt, so ist mit der Prise 
nach dem nationalen Recht des Nehmestaates zu verfahren. Wird 
sie für nichtig erklärt, so bestimmt der Prisenhof die Höhe des zu 
leistenden Schadensersatzes. War die Wegnahme von dem nationalen 
Gericht für nichtig erklärt worden, so ist der Prisenhof -nur zur Ent- 
scheidung über den Schadensersatz berufen, darf also die Wegnahme 
nicht für rechtmäßig erklären. 
IV. Die Verfassung des internationalen Prisenhofes (Art. 10 bis 27). 
Über die Zusammensetzung vgl. das oben 8 18 II 3 Gesagte. 
Jede kriegführende Macht kann verlangen, daß der von ihr er- 
nannte Richter an der Aburteilung teilnimmt; in diesem Falle bestimmt 
das Los, wer von den anderen Richtern auszuscheiden hat (Art. 16). 
Ausgeschlossen ist ein Richter, der bei dem Verfahren vor dem natio- 
nalen Gericht in irgendeiner Eigenschaft mitgewirkt hat (Art.17). 
Die Richter müssen Rechtsgelehrte sein; die beteiligten Mächte 
haben aber das Recht, je einen höheren Marineoffizier zu bestellen, 
der mit beratender Stimme an den Sitzungen teilnimmt (Art. 18). 
Die beteiligten Mächte können besondere Agenten zur Vermittelung 
zwischen ihnen und dem Prisenhof bestellen und Rechtsbeistände oder 
Anwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betrauen. Beteiligte 
Privatpersonen müssen sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen 
(Art. 26). 
Die Bewirkung von Zustellungen oder Beweisaufnahmen ist durch 
die Regierung der Macht, in deren Gebiet diese erfolgen sollen, her- 
beizuführen (Art. 27). 
V. Das Verfahren vor dem Prisenhof (Art. 28 bis 50). 
1. Der Rekurs ist binnen einer Frist von 120 Tagen, von der 
Verkündung oder Zustellung der Entscheidung an, bei dem nationalen 
Gericht oder bei dem internationalen Bureau einzulegen. Bei Be- 
hinderung durch höhere Gewalt ist Wiedereinsetzung möglich. Ab- 
schrift der Erklärung wird durch den Prisenhof der Gegenpartei zu- 
gestellt (Art.28 bis 33). 
2. Das Verfahren zerfällt in ein schriftliches Vorverfahren und 
die mündliche Verhandlung. In dieser kann eine Ergänzung der Be- 
weisaufnahme angeordnet werden. Die Verhandlung ist öffentlich; doch 
kann jeder Prozeßbeteiligte der Ausschluß der Öffentlichkeit verlangen. 
Bei Ausbleiben der Parteien entscheidet der Prisenhof unter Berück- 
sichtigung des ihm zur Verfügung stehenden Materials. Das Urteil er- 
geht auf Grund freier Beweiswürdigung; es ist mit Gründen zu ver-
	        
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