Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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des Volkes erwartete sehnsüchtig die Bauern, welche das wahre 
Evangelium angenommen hätten. In Wor und Liedern richtete 
man sich gegen den Adel und die reichen Leute, welche auf stolzen 
Hengsten reiten und im Uebermuth daher gefahren kommen, „das Gut 
der Armen ohn' Unterlaß verzehren“". „Der Arme bleibt doch unge- 
speist", heißt es in einem Lied, „soll das evangelisch sein?“ — 
Man sieht schon, der Aufstand hatte einen weit umfassenderen 
Charakter angenommen, als jener war, den der Bundschuh vom 
Jahre 1493 als Ziel der Bewegung bezeichnete. 
Die Bauern waren gut geführt. Sie wollten sich, wie schon 
der Bundschuh beabsichtigte, vor allem in dem Besitz der Städte setzen 
und dann mit vereinter Macht die Herrschaften und Fürsten angreifen. 
Die Mittel zum Krieg mußten die Klöster liefern, welche vollständig 
ausgeplündert und dann verbrannt zu werden pflegten. Vergeblich 
hatte der Rath von Straßburg sich an die Wüthenden gewendet, um 
wenigstens für einige Pflegebefohlene, wie etwa die Aebtissin von 
Andlau, Schonung zu erhalten. In zahllosen Schaaren sah man 
die Mönche und Nonnen die einsamen Wege über das Gebirge nach 
Lothringen aufsuchen, um in Nanzig Rettung und Schutz zu finden. 
Im April standen im obern Elsaß an 13,000 lewaffnete Bauern 
zu einer Armee vereinigt unter der Führung von zehn Hauptleuten; 
zum Obrist hatten sie Wolf Wagner von Rhinau gewählt. Wenn 
sie an die Städte kamen, ließen sie Aufferderung ergehn, sich den 
Bauern anzuschließen und die Thore zu öffnen, oder sie luden sich wohl 
zum Abendimbiß ein, wie zu Reichenweiher oder zu Ebersheimünster. 
Am 18. Mai umlagerten zahlreiche Bauernschaaren Kaisersberg, 
während andere aus dem Oberelsaß Zabern umzingelt und einge- 
nommen hatten. An der Spitze der letzteren standen der gewaltige 
Erasmus Gerber, Ittel Jörg- und Peter von Nordheim. Sie waren 
fast gleichzeitig, wie die Banern im Sundgau aufgestanden, und um 
St. Leonhard und am Ottilienberg hatte ein widertäuferischer Pre- 
diger, Clemens Seich, ihre Schaaren zu entflammen gewußt. Als 
sie vor Zabern gerückt waren, weigerte der Rath sich nach Kräften
	        
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