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Kirche bewegte, die Stadttrompeter und Trommler voran, dann der
Fahnenträger und hinter ihm der Pfeiferkönig mit vergoldeter Krene
und paarweise die Mitglieder der Innung, jeder auf seinem In-
strumente spielend, was ihm gut dünkte: dies alles nur die Ein-
leitung zu Concert, Bankett, Gericht und dreien fröhlichen rauschenden
Tagen. Die Krone des Pfeiferkönigs fing so gut wie manche
andere von reellerem Werthe mit dem Jahre 1789 auf dem Haupte
ihres Trägers zu wanken an. Das Königreich der fahrenden Leute
hat vor der französischen Revolution nicht Stand gehalten, und 1838
starb das letzte Mitglied der ehemaligen Pfeiferbruderschaft.
Die Revolution hat solche alte verroftete Institutionen wie
überflüssigen Urväterhausrath zum Fenster hinausgeworfen. Aber
im fünfzehnten Jahrhundert war die Einrichtung der Pfeiferinnung
selbst revolutionär und zeigte, daß die eingewurzelten sozialen Vor-
urtheile bereits einen tüchtigen Stoß erlitten hatten. Der ehemals
verachteteste Stand war in der öffentlichen Meinung beträchtlich ge-
stiegen und beinahe mit altangesehenen bürgerlichen Gewerben auf eine
Stufe gestellt: während der ehemals hochgeehrteste Stand, die Geist-
lichen, immer tiefer sank und seinen Boden in stetiger Abnahme
mehr und mehr verlor.
Keine Gesellschaftsclasse ist so sehr auf die öffentliche Achtung
angewiesen, wie der Clerus. Darauf beruht seine innere und äußere
Macht. Versteht er nicht zu imponiren, so versteht er nicht zu
regieren. Das hatten die Priester des fünfzehnten Jahrhunderts
gründlich verlernt. Mit dem Respect war es vorbei. Man schlage
nur die Novellenbücher auf, ob da nicht stets die Geistlichen am
härtesten mitgenommen werden. In dem gereimten Schwank von
den drei Mönchen in Colmar wollen die Mitglieder dreier verschiedener
Orden den Beichtstuhl benutzen, um eine brave Frau zu verführen,
werden aber von der Rache des beleidigten Ehemannes ereilt. Und
die Wirklichkeit blieb hinter der poetischen Erfindung keineswegs
zurück. Schon im Jahre 1372 brachten die Nonnen dreier Straß-
burger Klöster beim Papst eine Klage gegen die Dominicaner ein: