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und Bodensee bis an den Main und die Lahn. Als unmittelbarste
Nachbarn der Römer, die noch die Rheingrenze hielten, waren sie
unzähligemale in die Provinzen eingefallen, und hatten in dem
Bürgerkriege zwischen den Nebenbuhlern auf dem Cäsarenthron,
Constantius II. und Magnentius, nicht weniger als 45 blühende
Städte, darunter Straßburg, Brumat, Elsaßzabern, in Asche gelegt.
Ein großer Theil des Elsaß blieb im Besitz der Alemannen und
insbesondere, um diese zu bekämpfen, mußte Kaiser Constantius seinen
Neffen als Mitregenten nach Gallien senden, jeuen Julian, den
die Christen den Abtrünnigen nannten.
Eine wunderliche Erscheinung, wie dieser romantische Philosoph,
der als der letzte Bewunderer und Wiederhersteller der heidnischen
Götterwelt den Cäsarenthron bestieg, mit dem jugendkräftigen
naturgewaltigen aber noch in tiefer Barbarei befindlichen Alemannen-
stamm in Kampf gerieth. Die Tage des Julius Cäsar schienen
sich wiederholen zu sollen. Ein neuer Ariovist mußte über den
Rhein zurückgedrängt werden, ein Feind, der noch immer die gleiche
Furchtbarkeit und Wildheit besaß, wie damals, als die Gallier
bilfesuchend dem Julius Cäsar gestanden, daß sie den nieder-
schmetternden Blick eines deutschen, trotzigen, tiefblauen Auges im
Kampfe nicht auszuhalten vermögen. Auch in Tracht und Aussehen
unterschieden sich diese neuen germanischen Ankömmlinge nur wenig
von den alten Deutschen, wie sie Cäsar fand, wie sie Tacitus
schilderte. Ohne Panzer und Schienen, nur wenige mit Helmen
bedeckt, mit nackten Armen, die Beine mit ledernen Hosen bekleidet,
um die Lenden das Schwert, in der Linken den Schild, in der
Rechten mit zweischneidiger Streitart, oder mit dem Speer, der
weithin geschleudert wurde, bewaffnel, so gingen sie in die Schlacht.
Aber um die Schultern hing malerisch der weite, bei den Vornehmen
mit Silber verzierte Mantel, der dem Kaiser Caracalla würdig er-
schien, zur römischen Mode gemacht zu werden, wie die Franzosen
sich heute gefallen in das Costüm ihrer Araber den pariser Gamin
zu stecken.