Eiftes Kapitel.
Die Refoͤrmation.
Die Reformation war beides, eine innere und eine äußere
Reinigung, eine geistige und eine soziale Umwälzung.
Einerseits bietet das Christenthum seine beste Kraft auf, um
alle jüdischen und heidnischen Elemente aus sich zu entfernen. Es
ist als ob der Apostel Paulus und der heilige Augustinus zum
zweiten Male über die Erde wandelten um zu predigen: „Nicht
Werke, sondern Glaube; nicht unser Verdienst, sondern Gottes Gnade
in Christo; nicht eigene Büßungen und Genugthuungen, sondern
einzig das Verdienst Christi.“ Die ewige Quelle alles Großen, die
innere Unterwerfung unter eine höhere Macht, wird wieder auf-
gegraben und sprudelt von neuem. Die negirende pessimistische
Stimmung welche schon die Besten ergriffen hat, macht einer ge-
hobenen hoffnungskräftigen Freudigkeit des Lebens Platz, wie sie
selten ihres gleichen fand.
Andererseits aber soll der ehelose geistliche Stand in seiner von
Rom abhängigen Organisation gestürzt werden.
Dazu war Alles längst vorbereitet. Der Adel machte sich ein
Vergnügen daraus, die Kutte und den Chorrock zu beschimpfen.
Das Raubritterthum beutete mit Vorliebe den Clerus aus. Die
weltlichen Räthe der Fürsten wußten die ergibige Finanzaquelle der
geistlichen Güter ebenfalls zu finden. Die Volksstimmung war lange