Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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angerichtet hatte, er wußte, daß Luther nicht zu beugen war, so mußte 
die Vernunft ein wenig nachgeben. Es wurden neutrale Worte ge- 
wählt, vieldeutige Formeln aufgestellt, von einem wahrhaften Genuß 
des Leibes Christi gesprochen, womit ein geistiger gemeint war. Die 
Worte mußten möglichst lutherisch klingen, der Sinn doch immer 
eine vernunftgemäßere Auffassung zulassen. Kurz es war eine Arbeit, 
wie keine diplomatische Friedensconferenz je eine schwierigere gelöst 
hat. Trotz der vorsichtigen Fassung der Tetrapolitana, welche schon 
in diesem Sinne eingerichtet war, trotz dem Aufgebot aller Mittel 
seines Scharffinnes und seiner Ueberredungskunst, kam Butzer erst 
1536 ans Ziel. Erst in diesem Jahre wurde am 21. Mai die 
Wittenberger Concordie abgeschlossen. # 
Luther war selbst schließlich von einem gewissen Friedensbedürfnis 
ergriffen worden. Er schrieb an die Straßburger einen wahrhaft 
räterlichen Brief, worin er betheuerte, daß er die Einigung selbst 
mit seinem Blut erkaufen wolle. In der That gestaltete sich das 
Verhältnis nun auf das freundlichste. Gegenseitige Gefälligkeiten 
wurden ausgetauscht. Die Straßburger behandelten Luther wie eine 
spröde Braut, um die man lange vergeblich geworben. Der alte 
Zell, der sich von dem Streite immer gänzlich fern gehalten, unter- 
nahm jetzt mit seiner Frau eine Reise zu Luther, der sie sehr liebens- 
würdig aufnahm, so daß sie voll Begeisterung für den theuren Mann 
Gottes in die Heimath zurückkehrten. 
Die Straßburger scheuten keine Mühe, um die erlangte Einheit 
auf die Schweizer auszudehnen. Sie hatten an dem kirchlichen 
Leben der Schweiz stets den lebhaftesten, auch thätigen Antheil ge- 
nommen. Seit Zwingli und Oecolampadius, die Hauptstützen des 
eidgenössischen Protestantismus, todt waren, wuchs die Autorität 
der Straßburger, welche jetzt in ganz Oberdeutschland die erste 
Stelle einnahmen. Unter Capitos Einflusse kamen jene berühmten, 
durch ihn redigirten Beschlüsse der Berner Synode von 1532 zu 
Stande, über welche ein neuerer Theologe urtheilt: sie bilden eine 
Kirchenordnung und Pastoralinstruction, ausgezeichnet selbst unter
	        
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