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Fragen heranzutreten, mußte die Spaltung der Nation den Grenz-
landen nothwendig verhängnisvoll werden.
In dieser thatkräftigen Epoche, in der sich alles rührte, was
irgend Lebenskraft besaß, wo die ganze deutsche Welt aus den alten
Zuständen von Kirche und Staat herausstrebte, war das Kaiserthum
dauernd an ein Haus gekommen, welches seine Weltstellung vor-
zugsweise auf undeutsche Länder und auf ein enges Bündnis mit
der katholischen Kirche gründete. Noch war zwar keineswegs in
Deutschland ein so starkes nationales Gefühl vorhanden, daß man
an Karls V. durchaus romanischem Wesen, an seiner Unkenntnis der
deutschen Sprache, an seinen französischen Sitten irgend welchen
Anstoß genommen hätte; besonders in den westlichen Ländetn
Deutschlands wurde ein solcher Gegensatz nicht eben tief empfunden,
aber um so mehr Eindruck machten seine starken katholischen Ten-
denzen, sein scharfes Auftreten gegen die Protestanten. Wie willig
hatten die Straßburger selbst diesen Kaiser, dessen Reichstagsabschiede
der Stadt so viele Sorge machten, bei seinen Kriegen in Italien,
in seinem Kampfe mit Franz I. von Frankreich unterstützt; Geld,
Truppen und Kanonen hatten sie ihm zur Verfügung gestellt, aber
ohne Mistrauen und Vorsicht waren sie schon seit dem Augsburger
Reichstag nicht, und suchten, wie so viele andere Städte, in dem
schmalkaldischen Bunde ihren Rückhalt.
Es ist hier nicht der Platz, das gewaltige Drama des großen
Kriegs nach allen Seiten und Beziehungen vorzuführen, das den
Fall des Kurfürsten von Sachsen und des Landgrafen von Hessen,
die Erhebung des Herzogs Moriz und die für unmöglich erachtete
Uebermacht Karls V. über das ganze Reich zur Folge hatte. Wir
werden nur seine dem Elsaß zugewendeten Erscheinungen im einzelnen
zu erzählen haben. Aber wenn der Kaiser in den merkwürdigen Auf-
zeichnungen, die er von seiner Hand über sein Leben hinterlassen, sagt,
daß Gott ihn sichtlich durch die Verblendung der Häupter des schmal-
kaldischen Bundes unterstützt habe, so liegt in diesem Ausspruch ein
großes historisches Urtheil, nur in einer etwas subjectiven Weise gefaßt.