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Acten erklärten ihm in voraus was er sehen würde, ein rückblickender
deutscher Epilog zog die Nutzanwendung daraus.
Die Theilnahme war um so allgemeiner, als eine ausgebreitete
Uebersetzungslitteratur einen Stand der Gebildeten herangezogen
hatte, welche keineswegs studirte Leute zu sein brauchten, um das
Alterthum in mancher Richtung zu kennen. Seit dem Ende des
fünfzehnten Jahrhunderts waren in Strahburg Uebersetzungen classi-
scher Werke erschienen: unter anderen zeigten sich Thomas Murner
und seine Altersgenossen Gallinarius und Ringmann dafür thätig.
Daß die rmische Geschichte des Livius in den Volkeschulen gelesen
wurde, haben wir schen erfahren (S. 194). In den dreißiger Jahren
stand das Uebersetzerhandwerk am meisten in Blüte. Der Schult-
heiß von Colmar, Hieronymus Boner, verdentschte massenhaft grie-
chische und römische Geschichtschreiber. Der uns wohlbekannte Theo-
loge und Historiker Kaspar Hedio that einiges in derselben Richtung.
Die Pfarrer Zacharias Münzer und Konrad Lautenbach, so wie der
österreichische Regierungsrath Johann Gras zu Ensisheim folgten
ihm darin nach. Auch ein Gelehrter und lateinischer Dichter wie
Jacob Michllus verschmähte es nicht, dem Livius und Tacitus seine
Sorgfalt und sein geschultes Verständniß zu widmen. Ihre Ar-
beiten erlebten zum Theil so zahlreiche Auflagen, daß ihnen kaum
ein Werk der gleichzeitigen deutschen Originallitteratur darin gleichkam.
Neben den genannten konnten andere wie Jacob Vielfeld,
Heinrich von Eppenderf, Michael Herr, Peter Selbet, Walther Riff
auch satirische, moralische und andere wissenschaftliche Schriften der
Alten übertragen. Und der Dramatiker Valentin Boltz von Ruffach
so wie der Straßburger Gymnasiallehrer Jonas Bitner durften la-
teinische Komödien in deutsche Prosa und Verse kleiden.
Aber offenbar waren es die erhebenden Schicksale des griechischen
und römischen Volkes, welche ein am staatlichen Leben eifrig bethei-
ligtes Bürgergeschlecht zumeist anzogen. Man las von gewaltigen
Freiheitskämpfen, man las von Unterdrückung und Revolutionen,
ven inneren und äußeren Zwistigkeiten, von großen Staatsmännern