Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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beiden Seiten; geschrieben unter Beschuldigungen aller Art, kränken- 
den Persönlichkeiten, gehässigen Entstellungen, gemeinen Scheltworten; 
geschrieben mit jugendlicher Kampflust, übersprudelndem Witz, über- 
legener Sicherheit von Seite Sturms, nicht ohne schwerfällige Schul- 
gelehrsamkeit von Seite seiner Gegner. In kaum drei Jahren 
(1578—1580) sind gegen vierzig Streitschriften gewechselt. Auf den 
Kanzeln wurde das Volk gegen die „Rottengeister“ an der Schule 
aufgehetzt. Wo sich Bürger trafen, gab es dogmatisches Gezänk, 
Schmähgedichte an den Straßenecken forderten zu Gewaltthat auf. 
Die Schüler, die Rathsherren, ja die benachbarten Fürsten ergriffen 
für und wider Partei. Von den auswärtigen Mitkämpfern der 
Pfaffen wurde Sturm mit Ehrentiteln wie Lügner, Ketzer, Ver- 
derber der Jugend, Galgenstrick bedient. 
Als im März 1581 Marbach starb und Pappus sein Nachfolger 
als Präsident des Kirchenconventes wurde, da wandten sich sämmt- 
liche Prediger in einer Eingabe gegen Sturm an den Rath, der am 
7. December 1581 die Absetzung des alten Mannes verfügte. 
Dieser Act der Willkür — Sturm war verurtheilt ohne eine 
einzige Vorladung, ohne ein einziges Verhör — erregte in den wei- 
testen Kreisen schmerzliche Sensation. „Ach Gott, wie ist man mit 
dem Manne umgegangen!“ rief Landgraf Wilhelm von Hessen aus. 
Sturm selbst schrieb an Zanchi: „Ich verachte diese Beleidigung.“ 
Und in der That, wenn er auch, um sein Recht zu wahren, einen 
Proceß gegen den Rath beim Reichskammergericht anstrengte und so 
lange fortführte, als seine Geldmittel reichten: so verlebte er doch 
seine letzten Tage in innerem Frieden und ohne Bitterkeit gegen die 
Welt. Selbst die unglückseligen Hugenottenvorschüsse, die ein für 
allemal seinen Wohlstand untergraben hatten, konnten ihm den 
Gleichmuth nicht rauben. " 
Einsam und fast erblindet wohnte er in seinen Landhause zu 
Northeim: seine fünf Kinder hatte er verloren, zwei Frauen waren 
ihm gestorben, die dritte lebte meist in Straßburg, um durch den 
Unterhalt von Pensionnairen Geld zu verdienen. Der alte Cicero-
	        
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