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bei dem Straßburger Capitel, und er erneuerte den Versuch, den schon
einer seiner Vorgänger gemacht hatte, zur evangelischen Kirche über-
zutreten, und das Stift zu saekularisiren; aber die katholischen Dom-
herrn in Köln wählten den Herzeg Ernst von Baiern an Stelle
des Abgefallenen zum Erzbischof und in Straßburg gab man sich
alle Mühe, Gebhard nunmehr auch seiner Domherrn Stelle zu ent-
heben. Das war der Anfang der offenen Spaltung. Beide Par-
teien nahmen die Hilfe des Raths in Anspruch, um Aemter und
Einkünfte sich zu sichern, und die Katholischen verklagten den Rath
wegen seiner Parteilichkeit beim Reichskammergericht. Schon kam
es zu offenen Gewaltthaten, und es ist erheiternd zu lesen, wie sich
die Domherrn beiderseits der Schätze und Vorräthe der Kirche,
welche im Bruderhof nächst dem Münster aufgestapelt waren, zu
bemächtigen suchen. Heute dringen die protestantischen ein und
verkaufen die großen Getreidevorräthe, um sich für alle Fälle schad-
los zu halten, und morgen kommen die katholischen mit vielen
Wagen, um die kostbaren Schätze nach Zabern und in andere
sichere Orte zu schaffen. Aber die Protestanten verhindern die
Ausfuhr und der Rath kann nicht dulden, daß das Eigenthum
des Stiftes von Straßburg weggebracht werde. Da hängen die
Katholischen große Schlösser vor die Thore des Bruderhofs und
stecken die Schlüssel zu sich, aber die Protestanten kommen mit
Brechwerkzeugen und bestehen auf ihrem Antheil an dem Besitze
der Kirche. Und siehe, wie sie wieder die reichen Gewölbe betreten,
da finden sie große Säcke vergraben, um die man sie betrügen wollte,
Säcke mit schwerem Silber und Gold, welche die Katholischen heim-
lich bei Seite geschafft hatten. Also folgerten sie nicht ohne Grund,
sie seien seit Jahren verkürzt und in ihren Pfründen beeinträchtigt
worden, aber die anderen verlangten völlige Entschädigung beim
Kammergericht, denn nicht für Ketzer hätten die frommen Seelen
dereinst das herrliche Stift mit zeitlichen Gütern gesegnet. So tobte
der Streit um den Niebelungenhort des Bisthums gar manches
Jahr zwischen den Domherrn unentschieden, und die Rechtsweisheit