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herzog Leopold nicht selbst die Regierung, so übten voch seine zwei
elsässischen Minister, der Domherr von Kriechingen und sein Bruder
Franz, der Feldhauptmann, ebenso wie die ssterreichischen Räthe
einen weithin geltenden Einfluß im Lande aus.
Es durfte überhaupt als ein wesentlicher Erfolg der katholischen
Sache betrachtet werden, daß man im Elsaß so vollständig Fuß ge-
faßt. Während man gegen Ende des Jahrhunderts noch das Ueber-
wuchern der Unionsfürsten in der Westmark, ja selbst den gefähr-
lichen Einfluß von Brandenlurg im Süden von Deutschland zu
fürchten hatte, war jetzt alle Macht an den entscheidenden Stellen
den hochkatholischen Mächten Oesterreich, Baiern; Lothringen zu
theil geworden, und in dem Jülich'schen Erbfolgekriege, der
im Jahre 1609 seinen Anfang nahm, konnte die katholische Welt
in Deutschland getrost mit der protestantischen die ersten Gänge
ihres langjährigen Zweikampfes versuchen.
Wer die verworrene deutsche Fürstenpolitik in dieser Epeche
nicht berücksichtigt, vermag sich kaum zu erklären, wie das Elsaß in
einer Angelegenheit, wie die Jülich'schen Erbfolge, zum Schau-
platz des Krieges mehr als Jülich selbst gemacht werden konnte.
Hier im Elsaß wurden die Heere ausgerüstet, welche um die Jü-
lich'sche Erbfolge kämpften, hier begegneten sich die protestantischen
und katholischen Stände, die Union und die Liga, um eine An-
gelegenheit auszufechten, die doch dem Elsaß gänzlich fremd war.
Hierzu hat kein anderer als Leopold von Oesterreich Veranlassung
gegeben, denn gleich als er Bischof von Straßburg wurde, hatte ihn die
katholische Partei ausersehen, um Jülich zu besetzen und so einen wei-
teren Schritt auf der Bahn der Katholisirung Deutschlands zu machen.
Die Erbfolgefrage selbst war seit Jahren Gegenstand der leb-
haftesten diplomatischen Erörterungen der deutschen Unionsfürsten.
Nicht eben im besten Einvernehmen unter einander, mußten sie er-
leben, daß der Kaiser das Land bis zum Reichsgerichtsurtheil in die
Hand des Bischofs von Straßburg legte, der es sequestiren sollte
bis zum rechtlichen Austrag der Streitigkeiten. So sollte eine that-