311
Den Grund des Uebels erblickt er in der Ausländerei, in der
Macht, welche insbesondere das Franzosenthum in Sitte, Sprache,
Anschauung erlangt hatte. „Ich glaube — sagt er — wenn man
eines neusüchtigen Deutschlings Herz öffnen und sehen sollte, man
würde augenscheinlich befinden, daß fünf Achtel desselben französisch,
ein Achtel spanisch, zwei Achtel italienisch und ein Achtel, doch nicht
wohl, deutsch daran sollte gefunden werden.“ Die eindringende
fremde Cultur hat einen sehr ernsten politischen Hintergrund gerade
für das Elsaß. Und wie man sich zu allen Zeiten, in denen äußere
Vergewaltigung drohte oder schon auf uns lastete, gern an die Ge.
schichte wendete und sich an alter angeblicher Germanenherrlichkeit
erbaute, so war es auch bei Moscherosch, der (wie sich bald zeigen
wird) seine Zeitgenossen vor den Richterstuhl der Vorfahren citirt.
Moscherosch schreibt eine ziemlich trockene, selten rhetorisch oder
humoristisch gefärbte Prosa, welche auch durch dichterische Bruchstücke
in verschiedenen Sprachen zwar bunter aber nicht belebter werden
kann. Nur wo er Selbstgeschautes schildert, wo er Zustände der
Zeit vorführt, da bewährt er mit Erfolg den Grundsatz, den er ein-
mal aufstellt, er giebt jedem Ding seine natürliche Farbe, er zeichnet
wahr und eindringlich treue Abbilder der Wirklichkeit.
Moscherosch Hauptwerk sind seine „Strafschriften“ oder „Wun-
derliche und wahrhaftige Gesichte Philanders von Sittewald“, welche
im Jahre 1642 vollendet wurden, den größten Beifall erhielten und
vielfache Nachbildung erfahren haben.
Es ist ein Buch von ungleicher Ausführung und ungleichem
Werth. Zur Hälfte finden wir Bearbeitung eines spanischen Werkes,
das in der Einkleidung von Traumgesichten ein satirisches, sehr
allgemein gehaltenes Weltbild entrollte. Im übrigen finden wir
Schilderungen aus dem Soldatenleben des dreißigjährigen Krieges
von erschreckender Wahrheit — Schilderungen aus einer Gesellschafts-
sphäre, deren Leben sich in die Worte zusammenfassen ließ: „Die
Erde ist mein Bett, der Himmel meine Decke, der Mantel mein
Haus, der Wein mein bestes Leben“ — Illustrationen des Satzes,