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Kaiser, den man als Herrn der Welt ansah, gestanden hatte, ver-
kehrte man jetzt mit Beamten, deren oberste Spitze schon unnahbar
erschien. Nach Harcourt übernahm eine kurze Zeit Mazarin die
Stelle des Landvogts, aber nur, um sie seinem Verwandten, dem
Herzog von Mazarin zu überlassen, der sie auch nach dem Tode
des Cardinals behielt. Zwischen diesen Statthaltern und den Städten
kam es zu den mannigfaltigsten Streitigkeiten, die besonders dann
einen hartnäckigen und gefährlichen Charakter annahmen, wenn die
religiösen Interessen durch die Maßregeln der Regierung berührt
wurden. Eidesverweigerung der Stadträthe von der einen Seite,
Anspruch auf die Leitung der Wahlen auf der andern Seite, hier
Beschwerden bei dem Reichskammergericht, ja blei dem Regeneburger
Reichstag, dort Anklage auf Felonie und Hochverrath bildeten eine
gleichsam geschlossene Reihe von inneren Kämpfen, welche die Fran-
zosen mit administrativem Geschicke, mit einer Virtuosität der Chi-
kane gegenüber den Widerspenstigen zu führen wußten, und in denen
die Deutschen doch schließlich vollkommen ermüdeten.
Vor allem konnte es den schlauen Franzosen nicht zweifelhaft
sein, daß die Recurse der Elsässischen Städte an das deutsche Reich
notwendig zu Boden und bei wiederholter Gelegenheit dem Fluche
der Lächerlichkeit anheim fallen mußten. Mit mathematischer Sicher-
heit konnte die Regierung daher darauf rechnen, daß bei der völligen Un-
fähigkeit jeglicher Reichsbehörde das im Elsaß formell noch bestehende
Reichsrecht zu schützen, ein Umschwung der Gefinnungen zu Gunsten
der französischen Verwaltung schließlich nicht ausbleiben konnte.
Auch hatte sich Frankreich einen Bundesgenossen in der katho-
lischen Bevölkerung geschaffen, welche unter anderm durch ein Gesetz
vom Jahre 1662 in der Erwerbung von Grundeigenthum gegenüber
den Protestanten bevorzugt worden ist. Indem die Regierung Co-
lonisirung und Einwanderung im Elsaß begünstigte, beschränkte
sie doch gleichzeitig das Recht der Niederlassung auf die Katholiken.
Ueberall und nach allen Seiten hin fand man die französische Staats-
maschine in den neuen Verhältnissen thätig.