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überdies von Oberst Asfeld einem Abgesandten des Stadtraths selbst
die Erklärung abgegeben wurde, daß Montclar mit 30,000 Mann
bei Illkirch stehe und heranrücke. Im übrigen wurden die Straß-
burger an eben diesen General gewiesen, indem der Obrist jeder
politischen Discussion auswich, zu der er keine Vollmachten befaß.
Später wurde von den Franzosen beharrlich die Behauptung aufge-
stellt, die Straßburger hätten die Absicht gehabt, kaiserliches Volk in
die Stadt einzulassen, und nur diesem äußersten vorzubeugen, sei die
Aufgabe der französischen Armee gewesen. Man sieht also, daß die
schlecht verhüllten und noch weit schlechter vorbereiteten Absichten der
kaiserlichen Regierung nun gar den Vorwand abgeben mußten, durch
welchen die militärische Gewaltthat gerechtfertigt wurde.
Schon im Laufe des 28. Septembers, es war Sonntag, konnte
der Stadtrath sich überzeugen, daß die Mittheilung vom Heranrücken
der gesammten französischen Macht nur zu wahr sei, denn in der-
selben Nacht waren die umliegenden Straßburgischen Aemter und
Dörfer von General Montclar besetzt und die Leute verhindert
worden in die Stadt zu ziehen. Um Straßburg zog sich ein enger
Kreis von Truppen, die Stadt war völlig unvorbereitet, man hatte
nicht einmal Kanonen in hinreichender Zahl auf den Wällen. Wenn
man in der Eile des Tages alle Kriegsvorbereitungen treffen ließ, so
geschah es mehr, um die große Masse der Bevölkerung zu beschäf-
tigen, als um Widerstand zu leisten. Man ließ die Kanonen auf die
Mauern bringen, aber keine Munition dazu. Kein einziger Mensch im
Stadtrath dachte daran, es zu einer Belagerung kommen zu lassen.
Am 29. September trafen die städtischen Bevollmächtigten be-
reits Louvois selbst im Lager der Franzosen bei Illkirch. Seine
Forderungen waren einfach: Unterwerfung der Stadt unter die Ober-
hoheit der französischen Krone, Huldigung dem Könige, und Auf-
nahme einer Besatzung. Dafür sollte Straßburg seine Rechte und
Freiheiten behalten und in den Schutz des Königs genommen wer-
den; Verweigerung der Annahme dieser Bedingungen drohte Louvois
als Rebellion zu beftrafen und er erklärte, daß er die Stadt der Ver-