Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

379 
sächsischen Orthodexie weichend, in Berlin. Sachsen und Brandenburg- 
Preußen sind zunächst, d. h. in der Zeit vor Goethe, die gelobten 
Länder unserer geistigen Cultur. Aber so daß das wachsende Preußen 
mehr und mehr alle fortschrittlichen Elemente anzieht, welche das 
sinkende Sachsen von sich stößt. Pietismus und Rationalismus, ja 
französischer Materialismus erhalten in Preußen ihre Stätte. Der 
Enpicuräismus unbefangenen Lebensgenusses und der Stoicismus 
strenger Pflichterfüllung finden sich mit nationalem Pathos und fester 
Staatsgesinnung in der Person des großen Monarchen wie in seinem 
Volk zusammen und erzeugen eine poetische Litteratur, an welcher 
nur die städtischen Republiken der Schweiz und Hamburg, und auch 
diese nur sehr gelegentlich und eingeschränkt, Theil haben. Unter- 
dessen gedeiht in Sachsen höchstens ein Abklatsch französischer leichter 
Poesie, französischer Geselligkeit, französischer Liederlichkeit: und der 
Rhein sowie Süddeutschland stehen ganz zurück, bis sich der Schwabe 
Wieland ebenfalls der französischen Strömung anschließt. 
So hat auch im Elsaß die Poesie keine nennenswerthen 
Leistungen hervorgebracht, und in dem wenigen herrscht französischer 
Einfluß. Der Jurist Johann Georg Schmied von Straßburg (gest. 
1733) ist mit seiner travestirten Aeneide ein Nachfolger Scarrons 
und Vorläufer Blumauers. Heinrich von Nicolay aus Straßburg, 
erst Professor an der Universität seiner Vaterstadt, dann russischer 
Staatsrath (geb. 1737, gest. 1820), ist ein Nachahmer Gellerts in 
der Fabel und schwankartigen Erzählung, ein Nachahmer Wielands 
im ritterlichen Epos. Und Konrad Pfeffel aus Colmar (1736 
bis 1809), der bekannteste und vielseitigste dieser Dichter, gehört in 
dieselbe Richtung. 
Hfeffels poetische Thätigkeit beginnt 1754 und dauert bis an 
sein Lebensende fort. Wir besitzen von ihm nicht weniger als 25 
Dramen, 8 Bände „poetische Versuche“ und 10 Bände Romane und 
Novellen. Seine Tragödien und Komödien beruhen durchweg auf 
französischen Mustern, seine kleineren Gedichte theilweise: es sind 
Fabeln, Erzählungen, Episteln, Lieder; die ersteren überwiegen;
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.