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Wir erinnern uns Pfeffels, wir haben Eulogius Schneider
kennen gelernt: seinen oft sentimentalen Gedichten merkt man den,
Blutmenschen nicht an. Wir gesellen ihnen zunächst August Lamey
(1772—1861) bei, der als noch nicht zwanzigjähriger junger Mensch
in seinen „Gedichten eines Franken am Rheinstrom“ (1791) die
Revolution besang, dessen „dekadische Lieder“ in den elsässischen
Tempeln der Vernunft angestimmt wurden, dessen dramatische
Scenen nach wälscher Classicität strebten, der aber später nach dem
Muster Uhlands heimatliche Sagen in Romanzen und Balladen
umgoß. Niklas Beckers Rheinlied erwiderte er durch eine „Streit-
hymne“, worin er den seltsamen Vorschlag machte, die Deutschen
und die Franken sollten sich erst tüchtig hauen und dann die Hand
sich reichen zum Bund auf lange Zeit.“
Der etwas jüngere Ehrenfried Stöber (1779— 1835)
dessen „Daniel“ wir besprachen, war durch sein alsatisches Taschen-
buch, seine Monatsschrift Alsa, seine poetische und publicistische Thä-
tigkeit, so lange er lebte, ein Eckstein deutschen Wesens im Elsaß.
Und auf seine Söhne August (geb. 1808) und Adolf (geb. 1810)
hat er Art und Gesinnung und poetisches Talent vererbt.
Auch Ehrenfried Stöber brachte schon als zwölfjähriger Knabe
der großen Revolution seine Huldigung dar: in einem kleinen Drama
läßt er einen alten Schweizer nach Frankreich ziehen, ins Land der
jungen Freiheit, um die neue Sonne zu begrüßen. Mährend der
Restauration und bald wieder nach 1830 steht er in der Opposition
und kämpft gegen Despotismus und Fanatismus.
Eulogius Schneider hat ihn zuerst zur Dichtung angeregt.
Späterhin nennt er Pfeffel, Voß, Jakobi, Haug und Hebel als seine
Verbilder: Goethe und Schiller, man sieht es, fehlen. Dem ent-
spricht auch ungefähr sein Gesichtskreis. In den Balladen über-
wiegen die heimatlichen Stoffe und eine ziemlich allgemeine aus-
geblaßte Romantik mit düsteren oder rührenden Stimmungen. Sonst
finden wir nur die Altagsempfindungen, die jeder bei ruhigstem
bürgerlichen Leben hat. Er freut sich über Frau und Kinder, er