Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

316 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
männer fanden keinen Ausgleich. Baron Burian standen die Wünsche 
der Doppelmonarchie und die Sorgen vor inneren Schwierigkeiten höher 
als die Interessen der gemeinsamen Kriegführung. Die von der deutschen 
Obersten Heeresleitung und General v. Beseler befürwortete Vereinigung 
der beiden Generalgouvernements fiel unter den Tisch. Trotzdem aber 
glaubte General v. Beseler eine Armee bilden zu können, wenn die Mittel- 
mächte die Errichtung eines Königreichs Polen verkündigten. Er schlug 
zunächst die Aufstellung von vier bis fünf Divisionen vor. Die polnische 
Legion sollte den Stamm für sie bilden. Er hoffte, diese Divisionen im 
April 1917 der Obersten Heeresleitung zur Verfügung zu stellen und dann 
weitere zu bilden. Viel war es nicht, die Hoffnung auf ein Mehr aber 
vorhanden. Der Krieg konnte sich noch jahrelang hinziehen. Jeder nur 
mögliche Kräftezuschuß mußte angenommen werden. Die Kriegslage 
gebot, auf die Vorschläge des Generals v. Beseler einzugehen. Die Oberste 
Heeresleitung betrat den Weg, den dieser für gangbar hielt. 
Die Reichsregierung ging nun an die Ausführung des Programms 
des Herrn v. Bethmann und des Barons Burian für die Schaffung 
des Königreichs Polen, während wir mit General v. Beseler und dem 
k. u. k. Oberkommando über die Aufstellung der polnischen Armee berieten. 
Unterstaatssekretär Wahnschaffe bat mich, dem Minister v. Löbell 
meine Ansichten über die Notwendigkeit einer polnischen Armee auszu- 
sprechen. Ich folgte seinem Wunsche und begründete diese Notwendigkeit 
in einem Privatbriefe durch die eiserne Forderung des Krieges nach mehr 
Menschen. 
Im einzelnen bin ich über die Vorgänge in Berlin nicht unterrichtet. 
Der Reichskanzler und General v. Beseler traten dort warm für die Auf- 
stellung der polnischen Armee und die Bildung des Königreichs Polen ein. 
Gegen die Errichtung des Königreichs Polen erhoben sich indes an vielen 
Stellen Deutschlands schwere Bedenken. Sofort gingen von Berlin Gerüchte 
aus, ich habe den Plan geschaffen. Ich bat die Regierung wiederholt um 
Klarlegung der Vorgänge, aber leider fand sich trotz meiner Bitte kein 
Staatsmann, der die Frage in aller Form richtigstellte. Wie beim U-Boot- 
krieg, so wurde die Oberste Heeresleitung hier im Herbste 1916 das zweite 
Mal in den politischen Meinungsstreit ohne ihr Zutun und jetzt in ent- 
stellender Weise hineingezogen. War es ein Wunder, daß ich mich von 
diesen Vorgängen auch rein menschlich abgestoßen fühlte? Alle Herren, die 
mit mir zusammengearbeitet haben, wissen, daß ich für eine offene Aus- 
sprache stets zu haben war, alle Gegengründe gern anhörte, aber unbe- 
dingte Aufrichtigkeit verlangte. « 
Ich wurde vom Reichskanzler noch bei Abfassung des Aufrufs zur 
Gründung des Königreichs Polen beteiligt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.