338 Der Entente-Angriff im ersten Halbsahr 1917
Als der Franzose den nördlichen Hang herabsteigen wollte, kam er
in unser Artilleriefeuer und blieb liegen. Unsere Eingreifdivisionen wurden
leider, wie ich in persönlicher Rücksprache mit den Regimentskomman-
deuren einer Division feststellte, übereilt eingesetzt, so daß am 19. die
Wiedernahme des Höhengeländes mißlang. Sein Verlust war schmerzlich,
denn der Ausblick von ihm aus nach Norden ging weit in das Land hinein,
wir mußten uns jetzt aber damit abfinden.
Der Höhepunkt der Schlacht im April war überwunden.
Bei den Kämpfen hatte die französische Infanterie eng massiert an-
gegriffen und außergewöhnlich viel verloren.
Sowohl an der Aisne wie in der Champagne versuchte General Ni-
velle Anfang Mai nochmals den Sieg zu erringen. Unsere Front hatte sich
wieder geordnet und straff organisiert, so daß auch auf beiden Kampfstellen
der gewaltigen Doppelschlacht der neue Angriff unter schwersten Verlusten
scheiterte.
Der 7. Mai brachte an der ganzen Front noch schweren Kampf, dann
flaute der Angriff an der Aisne, nach dem 9. auch in der Champagne ab,
um sich hier noch einmal am 20. wieder zur vollen Stärke zu entfalten.
Die französische Offensive war ungemein blutig zusammengebrochen.
Obschon Frankreich sie als Sieg feiern mußte, wurde seine Stimmung
gedrückt. Der Kriegsminister gab im Juli zu, daß der Angriff unter Ver-
lusten gescheitert sei, die nicht wiederkehren dürften. Sie waren so groß
gewesen, daß die Moral der Armee zu leiden begann und Meutereien vor-
kamen, von denen allerdings nur spärliche Nachrichten nach und nach zu
unserer Kenntnis gelangten. Erst spät sahen wir klar.
Auch im französischen Oberkommando trat eine Anderung ein. Ge-
neral Nivelle wurde durch General Pétain ersetzt. Beide waren durch
Verdun bekannt geworden, General Pétain durch seine Verteidigungs-
kämpfe im Frühjahr und Sommer 1916, General Nivelle durch seine An-
griffe vom Oktober bis Dezember. Was dort Erfolg gehabt hatte, sollte im
Frühjahr 1917 die französische Armee zum endlichen Siege führen.
Aus dem Siege war dank unserer Abwehrtaktik und der Haltung der
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz eine Niederlage der französischen Armee
geworden. Wir hatten mit äußerster Anstrengung einen großen Erfolg
errungen und uns in der Ausbildung dem Feinde überlegen gezeigt.
Unser Truppen= und unser Munitionsverbrauch war auch hier ganz
außerordentlich hoch gewesen. Wie die Kämpfe weitergehen und welche
Anforderungen noch an uns gestellt würden, konnten wir nicht übersehen.
Das Nichteintreten von russischen Angriffen ließ es im Frühjahr 1917
trotz allen Ernstes der Lage an unserer Westfront nicht zu einer allge-
meinen Krise in der Gesamtlage kommen, wie wir sie im September 1916