fullscreen: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Thatsächlich wurde also das Präsidium des Bundes mit seinem Antrage 
im Stich gelassen. Indem sich die einzelnen Regierungen zu Vorschüssen ver- 
standen, wollten sie der förmlichen Ausschreibung neuer Matrikularbeiträge ent- 
gehen. Sie gaben auf Grund einer einfachen Quittung einen Teil ihrer Schuld 
im voraus, aber sie anerkannten nicht das Recht des Präsidiums, sie zur Ali- 
mentirung des Bundes nach Gutbefinden des Präsidiums zu verpflichten. Sie 
wollten nur so viel zahlen, als im Bundesetat vorgesehen war, und erwarteten 
bezüglich einer etwaigen Erhöhung der Matrikularbeiträge für das nächste Jahr 
die Entscheidung des Reichstags.?) 
Wie die Bundeskasse sich geholfen hat, ist nicht bekannt, wahrscheinlich 
aber durch die bekannte freundliche Vermittlung des preußischen Finanzministers. 
In dem zweiten Teile der Session des Bundesrats ist kein Versuch gemacht 
worden, die im Juli ausgesetzte Beschlußfassung herbeizuführen. Dagegen brachte 
Bismarck im November 1868 anstatt des für das Jahr 1868 beliebten vor- 
läufigen Verfahrens zur Deckung der Bundesausgaben für das Jahr 1869 
ein anderes wirksameres in Vorschlag, durch welches gleichsam zur Strafe für die 
Ablehnung des Antrages vom 6. Juni 1868 den Kassen, namentlich der kleineren, 
finanziell weniger gut dotirten Bundesstaaten, noch größere Lasten auferlegt 
wurden, nämlich daß nicht quartaliter, wie bisher, sondern monatlich die Zoll- 
und Steuererträge abgeliefert werden müssen, und zwar nicht nur die ein- 
gegangenen Zölle und gemeinsamen Verbrauchssteuern, sondern die in dem 
betreffenden Monat fällig werdenden. Es war vergebens, daß die Minorität 
des Ausschusses für Justizwesen diesen Modus, die Last der Steuerkredite von 
der Bundeskasse auf die Landeskassen abzuwerfen, lebhaft bekämpfte. Der 
Majoritätsantrag wurde in der Sitzung vom 19. Dezember 1868 mit Stimmen- 
mehrheit angenommen. Es wurde beschlossen, daß diejenigen Staaten, welche 
ihr Kontingent selbst verwalten, die zu leistenden Militärausgaben zunächst auf 
die von ihren Kassen vereinnahmten Zoll= und Steuererträge anweisen und in 
Anrechnung bringen sollten, daß dagegen diejenigen Staaten, die ihr Kontingent 
nicht selbst verwalten (nämlich: Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, 
Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, beide 
Schwarzburg, Reuß jüngerer Linie, Lauenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg), 
die in ihren Kassen fällig werdenden Zölle und gemeinschaftlichen Verbrauchs- 
steuern nach Abrechnung der anrechnungsfähigen Verwaltungskosten u. s. w. 
monatlich postnumerando an die Zahlungsstellen derjenigen Armeecorps abliefern, 
zu denen ihr Kontingent gehört, daß ferner die Bundesmilitärverwaltung auch 
im Laufe jeden Monats Anweisungen auf die bei den Landeskassen dieser Staaten 
*) Vgl. über den Beschluß des Bundesrats noch die „National-Zeitung“ Nr. 362 vom 
5. August 1868, Nr. 368 vom 8. August 1868 und Nr. 372 vom 11. August 1868, Nr. 380 
vom 15. August 1868 und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 187 vom 12. August 
1868, Nr. 190 vom 15. August 1868.
	        
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