374 XVII. Der Sonderfriedensversuch des Hauses Parma-Bourbon
gen der österreichisch-ungarischen Monarchie und des Deutschen Reiches erörtert. Man
einigte sich zunächst über ein Minimolprogramm, wonach beide Mächte in Aussicht
nehmen, die Räumung der von ihren Armeen in Rußland (einschließlich Polens), Mon-
tenegro, Serbien, Albanien und Rumänien besetzten Gebiete in erster Linie von der
Wiederherstellung des territorialen status quc ante bellum der beiden Mächte im Osten
und im Westen abhängig zu machen.
Diese Besprechungen hatten aber auch den Fall ins Auge gefaßt, daß der Krieg
für unsere Gruppe einen günstigeren Abschluß findet, und daß die Mittelmächte über
ihre territoriale Integrität hinaus an dauernde Einverleibungen feindlichen Gebiets
denken können. Für diesen Fall gelangte man übereinstimmend zu der Auffassung,
daß die Gebietserweiterungen der beiden Mächte mit den belderseitigen Leistungen in
Übereinstimmung gebracht werden müssen. Für Deutschland käme hierbei hauptsächlich
der Osten, für Österreich-Ungarn vor allem Rumänien in Betracht.
gez. Czernin. gez. Bethmann Hollweg.
27. 8. 1917.
Bezeichnend ist, daß, während Österreich an Frankreich Elsaß-
Lothringen verspricht, es hier den Besitzstand des Deutschen Reiches
garantiert und daß beide Staatsmänner im Falle eines günstigen Kriegs-
endes nicht abgeneigt sind, dauernde Einverleibungen feindlichen Gebiets,
also „Annexionen", vorzunehmen. Im übrigen bewegt sich die Abmachung
in den Gedankengängen, die stets von der O. H. L vertreten sind.
2.
Am 3. April weilten Kaiser Karl und Graf Czernin in Homburg zum
Besuch des Kaisers. Hier trat Graf Czernin mit dem Vorschlag hervor,
Elsaß-Lothringen Frankreich zu überlassen, und zwar gegen eine uns
unklare Anwartschaft auf Polen, das durch Galizien vergrößert werden
solle.
Als diese Gedanken Ablehnung fanden, übten Kaiser Karl und Graf
Czernin auf Deutschland einen schärferen Druck aus, der nur im Zusammen-
hang mit dem Sonderfriedensschritt in seinen Übertreibungen verständlich
ist. Es kam zu folgendem Schriftwechsel zwischen Kaiser Karl und Kaiser
Wilhelm:
Brief Kailser Karls an Kaiser Wilhelm.
(An 14. 4. 1917.)
Hochverehrter Freund! Mein Minister des Außern hat mir beiliegen-
des Exposé unterbreitet, mit dessen Inhalt ich mich vollständig identifiziere
und welches die Situation genau so darstellt, wie auch ich sie sehe. — Ich
beeile mich, Dir, verehrter Freund, das Schriftstück zu übersenden und bitte
Dich inständigst, Dich auch Deinerseits diesen Reflexionen nicht zu ver-
schließen. — Wir kämpfen gegen einen neuen Feind, welcher gefährlicher
ist als die Entente: gegen die internationale Revolution, und die in der