Das Friedens= und Waffenstillstandsangebot und die Revolution von oben 539
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2. Vor Beginn richtete ich an alle Anwesenden im Auftrage der
Obersten Heeresleitung die dringende Bitte, über den Inhalt meiner Aus-
führungen strenges Stillschweigen zu bewahren. In ernstester Weise wies
ich auf den vortrefflich arbeitenden feindlichen Nachrichtendienst und die
Vorteile hin, die dem Gegner aus der klaren Erkenntnis unserer Lage er-
wachsen mußten. Aus der Versammlung erhob sich kein Widerspruch gegen
meine Bitte. Der Erfolg ist bekannt. Schon nach wenigen Stunden liefen
unter meinem Namen die ungeheuerlichsten Gerüchte um.“
Oberst v. Haeften schreibt in dem Bericht an die Oberste Heeresleitung:
......... begab ich mich zu einer auf 9 Uhr vormittags von Exzellenz
" Payer angesetzten Zusammenkunft der Parteiführer, bei der Major
v. dem Bussche diese über den Ernst der militärischen Lage aufklären sollte.
Dem Vortrage selbst konnte ich leider nicht beiwohnen, da auf Wunsch von
Exzellenz v. Payer außer Major v. dem Bussche keine Nicht-Politiker teil-
nehmen sollten. Das sollte verhängnisvolle Folgen haben. Major v. dem
Bussche, der natürlich nicht wissen konnte, welche Parteiführer er vor
sich hatte, trug diesen genau dasselbe vor, was er am 30. September den
Führern der rechtsstehenden Parteien gesagt hatte und als vertrauens-
würdigen Persönlichkeiten mit Recht auch sagen konnte. Es mußte natürlich
eine Gewähr bestehen, daß kein Wort dieser streng vertraulichen und ge-
heimen Mitteilung gemißbraucht wurde. Wäre ich anwesend gewesen, so
hätte ich, da ich die parlamentarischen Persönlichkeiten kannte, darauf auf-
merksam machen können, daß bei seinem Vortrage der Pole Seyda zu-
gegen war. Diesem durfte man selbstverständlich nur Dinge mitteilen, die
auch die breite Offentlichkeit wissen konnte. Die Deutsch-Polen hatten über
Stockholm eine direkte Verbindung nach Paris, von wo sie auch dauernd
während des Krieges mit Geldmitteln der Entente unterstützt wurden. Es
kann als sicher angesehen werden, daß die Mitteilungen des Majors v. dem
Bussche, die den Ernst und die Schwäche unserer militärischen Lage in
rückhaltlosester Weise enthüllten, innerhalb weniger Tage in den Haupt-
städten der Entente bekanntgewesen sind. Unter diesem Gesichtspunkt be-
trachtet, wird es klar, daß unser Friedens-, namentlich aber das Waffen-
stillstandsangebot von katastrophalem Schaden für Deutschland werden
mußte. Tatsächlich sind die Mitteilungen des Majors v. dem Bussche im
In= und Auslande bereits nach wenigen Tagen — zum Teil noch erheblich
übertrieben — in aller Munde gewesen, und insofern ist es nicht unrichtig,
was von einer maßgebenden politischen Persönlichkeit geäußert wurde, daß
die Mission des Majors v. dem Bussche eine geradezu verheerende Wirkung
gehabt hat. Selbstverständlich ist diesem aufrecht und gewissenhaft nach
seiner Instruktion handelnden Offizier nicht der geringste Vorwurf zu
machen. Es war vielmehr die Pflicht der Regierung, die Parteiführer