Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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laßt, noch ein neues Heer zu stellen, das nicht dem katholischen Fürsten- 
bunde, der Liga, sondern bloß seinen Befehlen gehorche. Albrecht von 
Wallenstein erbot sich, auf eigene Kosten ein solches Heer zu werben. 
  
61. Wallenstein. 
Wallenstein, 1583 zu Prag von protestantischen Eltern geboren, 
aber schon als Jüngling katholisch geworden, besaß glänzende Talente 
und auögezeichnete Kenntnisse, eine eiserne Willenskraft, einen hohen 
persönlichen Muth und einen unersättlichen Ehrgeiz, der nach den höch- 
sten Würden strebte. Er beschäftigte sich viel mit der Sterndeuterei, 
(damals herrschte der Glaube, man könne aus dem Stande der Sterne 
die künftigen Schicksale der Menschen erkennen) und der Sterndeuter 
Seni gab ihm die Versicherung, er habe in den Sternen gelesen, daß 
er zu etwas Außerordentlichem bestimmt sei. Wallenstein war ein 
großer und hagerer Mann mit einem bleichen, sinnenden Gesichte. 
Ueber der gerunzelten Stirn erhob sich ein kurzes, schwarzes, aufge- 
strichenes Haar, welches später ergraute und nur noch spärlich seinen 
Scheitel deckte. Die schwarzen Augen blitzten furchtbar unter den dich- 
ten Braunen hervor. Sein Ausschen war streng, kalt und stolz. Er 
gebot über ein fürstliches Vermögen, besaß ein entschiedenes Feldherrn- 
talent und hatte sich in dem Kriege gegen die Türken und Venetianer 
großen Kriegsruhm erworben. Das war der Mann, der sich erbot, 
dem Kaiser ein Heer von 50,000 Mann zu werben, wenn er ihm den 
unumschränkten Oberbefehl über dasselbige bewilligen wollte. Der Kaiser 
versprach das, und der Friedländer, wie man Wallenstein gewöhnlich 
hieß, ließ seine Werbetrommeln rühren. Da strömten die Krieger von 
allen Seiten her unter seine Fahnen, und bald stand er an der Spitze 
eines Heeres von 25,000 Mann, das noch mit jedem Tage wuchs. 
Seine Soldaten hingen mit festem Siegesvertrauen an ihm. Mit sel- 
tenem Scharfblicke wußte er die tüchtigsten Offiziere herauszufinden. 
Strenge waren seine Strafen, fürstlich seine Belohnungen. Noch im 
Herbste 1625 rückte er mit seinem Heere in's Feld, durchzog Schwaben 
und Franken, schlug den Grafen von Manefeld an der Dessauer Brücke, 
fiel in die Staaten des Königs von Dänemark ein, der inzwischen von 
Tilly bei Lutter am Barenberge völlig geschlagen worden war (1622),
	        
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