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Etwas bei ihm anzubringen hätten, herablassend und zutraulich an.
Er hatte es gern, wenn sich ihm Jemand freimüthig nahte und ihm
offen und ehrlich in's Gesicht sah. Traf er Leute am Markte müßig
stehen, so erinnerte er sie mit seinem spanischen Rohrstocke auf eine recht
fühlbare Weise an die Bestimmung des Menschen: „Im Schweiße
deines Angesichtes sollst du dein Brod essen.“ Wer ihn von Weitem
kommen sah, arbeitete mit verdoppeltem Eifer oder eilte schleunigst von
dannen. Nicht immer aber gelang es, dem Auge des Königs zu ent-
gehen.
108. Ihr sollt mich lieben.
Einst holte er einen solchen Flüchtling ein und rief ihm zu:
„Warum läufst du vor mir?““ Ich fürchte mich vor Ew. Majestät,
war die Antwort. Da gerieth der König in einen heftigen Zorn und
bläute dem armen Teufel mit seinem Knotenstocke auf öffentlicher Straße
die Lehre ein: „Ihr sollt mich nicht fürchten, ihr sollt mich lieben!“
109. Der Tanzmeister.
Ein Tanzmeister, der müßig in den Straßen umherlief, nahm beim
Anblick des Königs plötzlich Reißaus. Friedrich Wilhelm suchte ihn
persönlich einzuholen, allein der Fußkünstler war ihm doch zu flink.
Da befahl der König, ihm nachzusetzen und ihn todt oder lebendig
zurückzubringen. Der Flüchtling kommt bis vor das Köpniker Thor
und verbirgt sich dort auf einem Heuboden. Er wird daselbst aus-
findig gemacht und vor den König geführt. Zum Bewelse, daß er
wirklich ein Tanzmeister ei, mußte er diesem auf dem Schloßplatze
eins vortanzen, wozu Friedrich Wilhelm mit seinem Rohrstocke den
Takt in der Luft schlug.