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Schaaren von armen Gefangenen wurden von den wilden Reitern
erbarmungslos durch die Moräste gepeitscht. Endlich gelang es dem
Kaiser Ludwig, der die Vormundschaft über seinen Sohn führte, in
Gemeinschaft mit dem brandenburgischen Volke die Räuber aus dem
Lande zu jagen; aber von den 6000 Unglücklichen, die als Selaven
in die litthauischen Wälder geschleppt waren, hat Keiner seine Heimath
wiedergesehen.
9. Der falsche Waldemar.
1348.
Unter dem Markgrafen Ludwig aus dem bayerschen Hause hatte
die Mark nur trübe Tage. Zu Krieg, Brand und hohen Steuern
kam noch der Bannfluch des Papstes, der schwer auf dem unglücklichen
Lande lastete. Wie sehnte sich da das Volk nach der glücklichen Zeit
unter der glorreichen Regierung des Markgrafen Waldemar zurück!
Seltsamerweise schien der Himmel seine Sehnsucht erfüllen zu wollen,
denn plötzlich scholl die Kunde durchs Land, Waldemar lebe noch.
Und im Frühlinge des Jahres 1348, als Markgraf Ludwig im
Tyrolerland auf der Gemsenjagd war, erschien zu Wolmirstädt vor der
Burg des Erzbischofs von Magdeburg ein Pilgersmann und ließ
sagen, er habe dem Erzbischofe etwas Wichtiges mitzutheilen. Dieser
saß gerade mit vielen Gästen zu Tische, denn er feierte ein Fest.
Als die Diener dem Pilger das sagten, sprach er: „Könnt ihr mich
nicht zu eurem Herrn führen, so bittet für mich um einen Becher
Weins!“ Als sie den Trank brachten, that der Pilger einen kräftigen
Zug aus dem Becher, ließ dann einen Siegelring mit fürstlichem
Wappen hineinfallen und bat, daß man den Becher dem Erzbischof
bringe. Der hatte kaum den Ring gesehen, als er rief: „Das ist
Markgraf Waldemars Ring!“ — Deß verwunderten sich die Gäste
über die Maaßen; aber der Erzbischof hieß den Pilgersmann in das
Zimmer führen und forschte von ihm, wer er wäre. Der war nicht
befangen, wie sonst wohl Pilgersleute sind in vornehmer Gesellschaft;
sein Auge ließ er ruhig über die Versammlung schweifen, und obgleich
sein Haar schon ergraut war, trat er doch fest und sicher auf. Endlich
sprach er: „Ich bin Markgraf Waldemar. Ich bin nicht gestorben,
wie man bisher geglaubt hat. Man hat vor 29 Jahren einen andern