Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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große Olocke von dem Thurme durch die Decke der Kirche herab auf 
den Boden gestürzt war. Die abergläubischen Leute prophezeiten aus 
diesem Vorfalle Unglück für das Unternehmen des Königs. Friedrich 
aber, der auch hinzugetreten war und die verstörten Mienen und be— 
denklichen Gesichter der Umstehenden bemerkte, rief, daß es Alle hörten: 
Das ist ein Zeichen für unsere Waffen! Was da hoch ist, soll er— 
niedrigt werden; seht ihr's, das Haus Oesterreich wird fallen!“ Diese 
Auslegung gewann allgemeinen Beifall. 
In Crossen versammelten sich Generale und Offiziere noch ein- 
mal um den König, seine Befehle zu empfangen. „Ich unternehme 
einen Krieg, meine Herren,“ so sprach der Rönig zu ihnen, „worin 
ich keine anderen Bundesgenossen habe, als Ihre Vorfahren auf den 
Feldern von Warschau und Fehrbellin erworben haben. Meine Sache 
ist gerecht, und ich vertraue dem Glück. Ihr Geschick ist in Ihren 
Händen; Ehren und Belohnungen warten, daß Sie sie durch glänzende 
Thaten verdienen.“ Am 16. überschritt das Heer, 30,000 Mann stark, 
die Grenzen mit fliegenden Fahnen und unter dem Schlage der Trom- 
meln: die Soldaten voll guten Willens, die Offiziere voll Ehrgeiz, 
die Generale nach Ruhm dürstend, der König heiter, von freudigen 
Ahnungen bewegt. 
138. Die ersten Schlesier vor dem König. 
An der Grenze kamen ihm zwei Abgesandte der Evangelischen 
aus der Stadt und Festung Glogau entgegen. Sogleich ließ Friedrich 
seinen Wagen halten, und die Abgesandten nahten sich ehrfurchtsvoll. 
Sie baten den König, er möge doch die Gnade haben und die Stadt 
Glogau nicht von der Seite angreifen, wo ihre evangelische Kirche 
stünde; der österreichische Befehlshaber der Stadt würde sie sonst 
auf jeden Fall niederbrennen lassen, damit sie von den Preußen nicht 
bei der Belagerung benutzt werden könne. Und der König erwiederte 
ihnen freundlich: „Ihr seid die ersten Schlesier, die mich um eine 
Gnade bitten; sie soll euch gewährt werden!“ Auf der Stelle wurde 
nun ein reitender Bote an den Commandanten von Glogau abgefer- 
tigt, der mußte diesem das Versprechen des Königs mittheilen, und 
die Kirche blieb verschont.
	        
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