Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

286 
kenlager befragte, wen er ihn als den besten Reitergeneral zu seinem 
Nachfolger empfehle, nannte Seydlitz den Wakenitz. Friedrich aber 
beachtete diese Empfehlung nicht. 
195. Seydlitz nach dem siebenjährigen Kriege. 
Nach dem siebenjährigen Kriege hatte Seydlitz sein Standquartier 
in Ohlau, und dieser Ort wurde die Pflanzschule der preußischen Rei- 
terei. Seydlitz eigenes Regiment wurde das Vorbild aller andern; 
er selbst gab sich ganz der Ausbildung der Truppen hin. Von dem 
kleinsten Anfange der Reitkunst bis zum vollständigsten Felddienste 
ward Alles von ihm streng angeordnet und genau überwacht. Das 
ganze Regiment, Gemeine und Offiziere, ritt in gleichmäßiger Weise, 
nach einer und derselben Vorschrift, rasch, leicht, gewandt, mit größter 
Kühnheit und Sicherheit. Die Verwegenheit des Reiters wurde bis 
zur Tollkühnheit getrieben; kein Unglücksfall wurde geachtet. Der 
Neuling mußte harte Prüfungen bestehen. Kam ein stämmiger Bursche 
als Rekrut, oder trat ein derber Junker ein, so wurden sie zur Probe 
auf die wildesten Pferde gesetzt und ihrem Schicksale überlassen. Wer 
bei dem wilden Dahinrennen über Stock und Stein den Hals brach 
oder sonst zu Schaden kam, von dem war weiter nicht die Redej 
wer aber sitzfest und unverzagt blieb, der wurde als Schüler angenom- 
men. Schwächliche oder unansehnliche junge Männer fanden keine Auf- 
nahme. Die Folge davon war, daß im Regimente, besonders in der 
ersten Schwadron, nur die auserlesensten, muthigsten Reiter zu sehen 
waren. Jeder Gemeine dünkte sich, im stolzen Bewußtsein seines 
Muthes, einem Offizier gleich. Wie weit der Meister seine Jünger in 
kriegerischen Kunstübungen gebracht hatte, zeigt folgendes Beispiel. Bei 
seiner Ernennung zum Generale der Kavallerie im Jahre 1767 ließ 
er Appell blasen, um seine Leibschwadron davon in Kenntniß zu setzen, 
und da jeder Schuhmacher und Schneider ein Meisterstück machen 
müsse, erklärte Seydlitz, daß er das seinige nun auch machen werde. 
Er stellte sich an die Spitze seiner Schwadron, führte sie vor die 
Stadt, ließ alle möglichen Uebungen im schnellsten Tempo durchmachen 
und stürzte sich zum Schlusse von dem steilen Ufer hinab in den 
Ohlaufluß. Die ganze Schwadron stürzte ihm nach, ihm zunächst der 
Trompeter, welcher die befohlenen Signale auf schwimmendem Pferde 
blies. Die Schwadron formirte sich im Wasser, brach zu dreien ab,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.