Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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228. Danzig, Graudenz, Pillau, Kolberg. 
Die Franzosen schlossen die Stadt ein und forderten den Komman- 
danten, den General Kalkreuth, auf, die Festung zu übergeben. Er 
aber antwortete ihnen, dergleichen Anträge verbäte er sich für immer; 
er würde am besten wissen, wann die Zeit dazu da wäre und wünsche, 
daß sie niemals komme. Die Belagerung dauerte von März bis Ende 
Mai. Die Belagerten vertheidigten sich wacker. Endlich ging ihnen 
das Pulver aus. Ein englisches Schiff, das mit 300 Centner Pulver 
befrachtet war, konnte nicht in die Stadt kommen. Die Feinde brachen 
unterdessen eine Bresche in den Hauptwall. Was nun noch erfolgen 
konnte, wäre Morden und Plündern gewesen. Das gehäörte aber nicht 
zur Pflicht und Ehre des Grafen Kalkreuth. Er übergab die Festung 
unter ehrenvollen Bedingungen; die Besatzung konnte frei abziehen. 
In Graudenz befehligte der alte Courbiere. Mit ihnen hofften 
die Franzosen leicht fertig zu werden. Sie ließen ihm einfach sagen: 
„Ueberliefere ung nur die Festung, es giebt keinen König von Preußen 
mehr!“ Da ließ er ihnen wiedersagen: „Nun, so will ich sehen, wie 
lange ich König von Graudenz sein kann!“ 
Die Festung hielt sich bis zum Frieden. 
Pillau wurde von dem siebenzigjährigen Hermann mit einer 
Schaar von Invaliden vertheidigt. Er ließ die Besatzuug in einen 
Kreis treten und sprach: „Kameraden, lebendig übergebe ich die Festung 
nicht. Da steht mein Sarg. Wer mich überlebt, der lege mich hin- 
ein. Wer ein braver Soldat ist, der schwöre: „Preußen oder Tod!“ 
Alle schwuren. Pillau blieb dem Könige erhalten. 
Ruhmvoll war das Beispiel der Stadt Kolberg. Hier vereinig- 
ten sich die Bürger mit den Soldaten. Alle wollten dem Könige 
Treue bewahren und lieber Hab' und Gut, Blut und Leben verlieren, 
als die Ehre. Der Kommandant war ein alter, muthloser Oberst. 
Aber ihn ersetzte ein schlichter Vürgersmann, der alte Nettelbeck, der 
in mancherlei Fährlichkeiten zu Wasser und zu Lande Krast und Muth 
bewiesen hatte. Er war eine echte pommersche Natur, und ihm glichen 
alle Kolberger Bürger. An Uebergabe durfte nicht gedacht werden. 
Was gesunde Hände hatte, half an der Befestigung des Platzes. Sein 
Vermögen setzte Nettelbeck daran, die Soldaten zu verpflegen und bei 
gutem Muthe zu erhalten. Wohl wurde die Stadt heftig beschossen, 
aber mitten im Kugelregen löschten die Bürger das Feuer. Mit Net- 
telbeck eines Sinnes war der Lieutenant Schill, der verwundet von 
dem Schlachtfelde bei Auerstädt nach Kolberg gekommen. Seine Frei-
	        
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