Full text: Lesebuch für Landwirtschaftliche Winterschulen und ähnliche Anstalten im Königreich Bayern.

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Wie leicht man aber täglich viele Pfennig ersparen kann, mag man aus 
folgendem entnehmen: 
Beim Heizen des Ofens und Herdes kann man täglich mehrere Pfennig 
gewinnen, wenn man das Feuer nicht unnötigerweise stark brennen läßt. 
Mehr noch kann man ersparen durch kluge Auswahl und Zusammensetzung 
der Speisen für die Mahlzeiten, ohne daß sie deshalb weniger gut und 
nahrhaft sein müßten. Am meisten aber kann man ersparen durch Schonen 
der Kleider, Schuhe und Geräte. Werden die Kleider, die Strümpfe, 
die Wäschegegenstände immer sorgfältig ausgebessert, wenn sich ein kleiner 
Riß oder Fehler zeigt, dann kommt man um die Hälfte länger damit aus, 
als wenn man nachlässig damit umgeht und die kleinen Risse groß werden 
läßt, ehe man an das Ausbessern denkt. Nicht anders ist's auch mit den 
Hausgeräten. Wer unachtsam und rauh damit umgeht, zerbricht und ver— 
dirbt dreimal mehr als andere, die schonend damit verfahren. Jede durch 
liachtsamkeit zerbrochene Sache ist aber verlorenes, auf die Straße gewor- 
fenes Geld. Viel kann sodann durch Verwertung der Brot= und Speisereste 
erspart werden. Zu dieser Sparsamkeit ermahnt sogar der Heiland, wenn er 
sagt: „Sammelt die übrigen Brocken, auf daß nichts umkomme.“ 
Nach dem „Wegweiser zum häuslichen Glücke“. 
9. Weise Sparsamkeit. 
Zwei von den Einwohnern eines Dorfes, welches mit der völligen Ernte 
durch den Blitz eingeäschert worden war, wurden von ihrer Gemeinde 
in die umliegende Gegend entsendet, für diese Verunglückten einige Beisteuer 
zu erbitten. Unter andern kamen sie frühmorgens auf den Hof eines wohl- 
habenden Landmannes. Sie fanden ihn vor dem Stalle und hörten, als 
sie sich ihm näherten, wie er dem Knechte ernstlich verwies, daß er die Stricke, 
woran die Ochsen gespannt gewesen, über Nacht im Regen am Pfluge 
gelassen und nicht ins Trockene gebracht hatte. „O wehl der Mann ist 
genau“, sprach einer zum andern, „hier wird es nicht viel geben!“ Nun 
wurde der Herr des Hofes die Fremden gewahr, und indes er mit ihnen 
in sein Haus ging, erzählten sie ihm ihr Unglück und brachten ihr Begehren 
an. Groß war ihre Verwunderung, als er ihnen bald ein ansehnliches Ge- 
schenk an Geld gab und noch versprach ebensoviel an Saatkorn der verun- 
glückten Gemeinde zu schicken. Ja, sie konnten in ihrer dankbaren Rührung 
sich nicht enthalten, während des Frühstücks ihrem Wohltäter zu gestehen, 
wie seine Mildtätigkeit ihnen umsomehr unerwartet gewesen sei, da sie ihn 
wegen des vorhin um eine Kleinigkeit dem Knechte gegebenen Verweises 
für sehr genau gehalten hätten. 
„Lieben Freunde,“ war seine Antwort, „eben dadurch, daß ich das 
Meinige jederzeit zu Rate hielt, kam ich in den glücklichen Zustand wohl- 
tätig sein zu können.“ — Wie mancher schämt sich der Sparsamkeit, weil 
er des Geizes sich zu schämen glaubt! Und wie mancher schämt sich der 
Wohltätigkeit, weil er sie fälschlich für Verschwendung hält! 
E. von Rochow. 
 
	        
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