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10. Die Ruh.
Frau Magdalis weint auf ihr letztes Stück Brot.
Sie konnt'’ es vor Kummer nicht essen.
Ach, Witwen bekümmert oft größere VNot,
Als glückliche 2 enschen ermessen.
„Wie tief ich auch immer geschlagen nun bin!
Was hab' ich, bist du erst verzehret d'“ —
Denn, Jammer! ihr Eins und ihr Alles war hin,
Die Kuh, die bisher sie ernähret.
Heim kamen mit lieblichem Schellengetön
Die andern, gesättigt in Fülle;
Dor Magdalis Hforte blieb keine mehr stehn
Und rief ihr mit sanftem Gebrülle.
Sie sank auf ihr ärmliches Lager dahin
In hoffnungslosem Derzagen,
Derwirrt und zerrüttet an jeglichem Sinn,
An jeglichem Gliede zerschlagen.
Doch stärkte kein Schlaf sie von Abend bis früh.
Schwer abgemüdet im Schwalle
Don ängstlichen Träumen erschütterten sie
Die Schläge der Glockenuhr alle.
Früh tat ihr des Hirtenhornes Getön
Ihr Elend von neuem zu wissen.
„O wehe! Kun hab' ich nichts aufzustehn!“
So schluchzte sie nieder ins Klissen.
Sonst weckte des Dornes Geschmetter ihr Herz
Den Dater der Güte zu preisen.
Jetzt zürnet und hadert entgegen ihr Schmerz
Dem Ofleger der Witwen und Waisen.
Und horch! Auf Ohr und auf Derz wie ein Stein
iel's ihr mit dröhnendem Schalle.
hr rieselt ein Schauer durch Mark und Gebein:
Es dünkt ihr wie Brüllen im Stalle.
„O himmel! Derzeihe mir jegliche Schuld
Und ahnde nicht meine Derbrechen!“
Sie wähnt, es erhübe sich Geistertumult
Ihr sträfliches Sagen zu rächen.