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X. Konsulatwesen.
Art. 56. Das gesammte Konsulatwesen des Deutschen Reichs steht
unter der Aufsicht des Kaisers, welcher die Konsuln, nach Vernehmung
des Ausschusses des Bundesrathes für Handel und Verkehr, anstellt.
In dem Amtsbezirk der Deutschen Konsuln dürfen neue Landeskon-
sulate nicht errichtet werden. Die Deutschen Konsuln üben für die in
ihrem Bezirk nicht vertretenen Bundesstaaten die Funktionen eines Landes-
konsuls aus. Die sämmtlichen bestehenden Landeskonsulate werden auf-
gehoben, sobald die Organisation der Deutschen Konsulate dergestalt
vollendet ist, daß die Vertretung der Einzelinteressen aller Bundesstaaten
a
als durch die Deutschen Konsulate gesichert von dem Bundesrathe aner-
kannt wird.
XI. Reichs-Kriegswesen.
Art. 57. Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Aus-
übung dieser Pflicht nicht vertreten lassen.
Art. 58. Die Kosten und Lasten des gesammten Kriegswesens des
Reiches sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig
zu tragen, so daß weder Bevorzugungen, noch Prägravationen einzelner
Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig sind. Wo die gleiche Ver-
theilung der Lasten sich in natura nicht herstellen läßt, ohne die öffent-
liche Wohlfahrt zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen
der Gerechtigkeit im Wege der Gesetzgebung festzustellen.
Art. 59. Jeder wehrfähige Deutsche gehört sieben Jahre lang, in
der Regel vom vollendeten 20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre,
dem stehenden Heere — und zwar die ersten drei Jahre bei den Fahnen,
die letzten vier Jahre in der Reserve — und die folgenden fünf Lebens-
jahre der Landwehr an. In denjenigen Bundesstaaten, in denen bisher
eine längere als zwölfjährige Gesammtdienstzeit gesetzlich war, findet die
allmälige Herabsetzung der Verpflichtung nur in dem Maße statt, als
dies die Rücksicht auf die Kriegsbereitschaft des Reichsheeres zuläßt.
In Bezug auf die Auswanderung der Reservisten sollen lediglich
diejenigen Bestimmungen maßgebend sein, welche für die Auswanderung
der Landwehrmänner gelten.
Art. 60. Die Friedens-Präsenzstärke des Deutschen Heeres wird
bis zum 341. Dezember 1871 auf ein Prozent der Bevölkerung von 1867
normirt, und wird pro rata derselben von den einzelnen Bundesstaaten
gestellt. Für die spätere Zeit wird die Friedens-Präsenzstärke des Heeres
im Wege der Reichs-Gesetzgebung festgestellt.
Art. 61. Nach Publikation dieser Verfassung ist in dem ganzen
Reiche die gesammte Preuß. Militär-Gesetzgebung ungesäumt einzuführen,
sowohl die Gesetze selbst, als die zu ihrer Ausführung, Erläuterung oder
Ergänzung erlassenen Reglements, Instruktionen und Reskripte, nament-
lich also das Militär= Strafgesetzbuch vom 3. April 1845, die Militär=
Strafgerichts-Ordnung vom 3. April 1845, die Verordnung über die
Ehrengerichte vom 20. Juli 1843, die Bestimmungen über Aushebung,
Dienstzeit, Servis= und Verpflegungswesen, Einquartierung, Ersatz von
Flurbeschädigungen, Mobilmachung u. s. w. für Krieg und Frieden. Die
Militär-Kirchenordnung ist jedoch ausgeschlossen.