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Die näheren Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Ver-
fahren des Ober-Appellationsgerichts erfolgen im Wege der Reichsgesetz-
gebung. Bis zum Erlasse eines Reichsgesetzes bewendet es bei der seit-
herigen Zuständigkeit der Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten und
den auf das Verfahren dieser Gerichte sich beziehenden Bestimmungen.
Art. 76. Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten, sofern
dieselben nicht privatrechtlicher Natur und daher von den kompetenten
Gerichtsbehörden zu entscheiden sind, werden auf Anrufen des einen
Theils von dem Bundesrathe erledigt.
Verfassungsstreitigkeiten in solchen Bundesstaaten, in deren Verfas-
sung nicht eine Behörde zur Entscheidung solcher Streitigkeiten bestimmt
ist, hat auf Anrufen eines Theils der Bundesrath gütlich auszugleichen
oder, wenn das nicht gelingt, im Wege der Reichsgesetzgebung zur Er-
ledigung zu bringen.
Art. 77. Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Justizver-
weigerung eintritt, und auf gesetzlichen Wegen ausreichende Hülfe nicht
erlangt werden kann, so liegt dem Bundesrathe ob, erwiesene, nach der
Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bundesstaates
zu beurtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechtspflege
anzunehmen, und darauf die gerichtliche Hülfe bei der Bundesregierung,
die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken.
XIV. Allgemeine Bestimmungen.
Art. 78. Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der
Gesetzgebung. Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe
44 Stimmen gegen sich haben.
Diejenigen Vorschriften der Reichsverfassung, durch welche bestimmte
Rechte einzelner Bundesstaaten in deren Verhältniß zur Gesammtheit
festgestellt sind, können nur mit Zustimmung des berechtigten Bundes-
staates abgeändert werden.